Die Gesetzgebung des Bundes
Ist ein Gesetzentwurf im Bundestag eingebracht, wird dieser von der Verwaltung des Bundestages gedruckt und als Bundestags-Drucksache an alle Mitglieder des Bundestages, an den Bundesrat und an die Bundesministerien verteilt. Zunächst beschäftigen sich die Fraktionen mit den Gesetzentwürfen. Nachdem dort Überlegungen angestellt worden sind, welche Haltung gegenüber dem Gesetzentwurf eingenommen werden soll, wird im Ältestenrat darüber entschieden, wann der Entwurf das erste Mal im Plenum beraten werden soll.
Drei Lesungen im Plenum
In der Regel durchlaufen Gesetzentwürfe im Plenum des Bundestages drei Beratungen - die so genannten Lesungen.
Die Erste Lesung. Überweisung an die Fachausschüsse
In der ersten Lesung findet eine Aussprache nur statt, wenn sie im Ältestenrat vereinbart oder von einer Fraktion verlangt wird. Dies geschieht meist bei besonders umstrittenen oder für die Öffentlichkeit interessanten Gesetzgebungsvorhaben.
Vorrangiges Ziel der ersten Lesung ist es, auf Basis der Empfehlungen des Ältestenrates einen oder mehrere Ausschüsse zu bestimmen, die sich mit dem Gesetzentwurf fachlich auseinandersetzen und ihn für die zweite Lesung vorbereiten.
Werden mehrere Ausschüsse bestimmt, so erhält ein Ausschuss die Federführung. Er ist somit verantwortlich für den Fortgang des Verfahrens. Die anderen Ausschüsse haben mitberatende Funktion.
Arbeit in den Ausschüssen
Die Detailarbeit der Gesetzgebung findet in den ständigen Ausschüssen statt, die mit Abgeordneten aller Fraktionen entsprechend dem Stärkeverhältnis im Plenum besetzt sind. Die Ausschussmitglieder arbeiten sich in die Materie ein und beraten sich grundsätzlich in nicht-öffentlichen Sitzungen. Durch den Ausschluss der Öffentlichkeit soll die Erarbeitung von Kompromissen über die Parteigrenzen hinweg erleichtert werden, da man sich von einer Beratung ohne Publikum, Presse, Funk und Fernsehen mehr Nüchternheit und Sachbezogenheit verspricht.
Bei größeren und politisch bedeutenden Gesetzesvorhaben werden regelmäßig Interessenvertreter und Experten zu öffentlichen Anhörungen eingeladen, um deren Sachverstand und Kenntnisse in die Beratung einzubeziehen.
Nach Abschluss der Beratungen legt der federführende Ausschuss dem Plenum einen Bericht über den Verlauf und die Ergebnisse der Beratungen vor. Seine Beschlussempfehlungen sind die Grundlage für die nun folgende zweite Lesung im Plenum. Der Ausschuss kann in seiner Beschlussempfehlung die Annahme oder Ablehnung des Gesetzentwurfs vorschlagen oder auch Änderungsvorschläge bezüglich des Entwurfs formulieren.
Aussprache in der zweiten Lesung
Vor der zweiten Lesung haben alle Abgeordneten die veröffentlichte Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses in gedruckter Form erhalten. In der zweiten Lesung, die grundsätzlich frühestens zwei Tage nach der Verteilung stattfinden soll, beraten die Abgeordneten im Rahmen der allgemeinen Aussprache den Gesetzentwurf in der Fassung, die er in der Beschlussempfehlung des Ausschusses erhalten hat.
In dieser Phase können von allen Fraktionen des Bundestages, aber auch von jedem einzelnen Abgeordneten Änderungsanträge gestellt werden, die dann im Plenum direkt behandelt werden müssen. Von dieser Möglichkeit wird nicht sehr häufig, und wenn, dann von der Opposition Gebrauch gemacht, um in der Öffentlichkeit ihre politischen Alternativen darzustellen und die Regierungsmehrheit dazu zu zwingen, sich mit diesen Vorschlägen öffentlich auseinander zu setzen.
Die zweite Lesung endet in der Regel mit einer einfachen Abstimmung über den Gesetzentwurf insgesamt. Nur ausnahmsweise werden Bestimmungen des Gesetzentwurfs einzeln aufgerufen.
Abstimmung in der dritten Lesung
In der dritten Lesung findet eine erneute Aussprache nur dann statt, wenn dies von einer Fraktion oder von mindestens fünf Prozent der Abgeordneten verlangt wird.
Auch Änderungsanträge sind nun nicht mehr von einzelnen Abgeordneten, sondern nur noch von Fraktionen oder fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages und auch nur zu Änderungen aus der zweiten Lesung zulässig.
Am Ende der dritten Lesung erfolgt die Schlussabstimmung. Hat der Gesetzentwurf die notwendige Mehrheit im Plenum des Bundestages (grundsätzlich genügt die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen der anwesenden Mitglieder) gefunden, wird er als Gesetz dem Bundesrat zugeleitet.
Beteiligung des Bundesrates
Durch den Bundesrat wirken die Länder prinzipiell bei jedem Gesetz mit. Ihre Mitwirkungsrechte sind dabei genau festgelegt und davon abhängig, ob ein Einspruchs- oder ein Zustimmungsgesetz vorliegt.
Bei Einspruchsgesetzen kann der Bundesrat nur einen Einspruch gegen das Gesetz erheben, der vom Bundestag dann später eventuell wieder überstimmt werden kann. Bei Zustimmungsgesetzen hingegen ist die ausdrückliche Zustimmung des Bundesrates zwingend erforderlich. Verweigert der Bundesrat dem Gesetz diese, ist das Gesetzgebungsvorhaben gescheitert.
Zustimmungsbedürftig ist ein Gesetz nur dann, wenn dies das Grundgesetz vorschreibt. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn das Gesetz die Belange der Länder in besonderem Maße berührt. Das sind zum Beispiel Gesetze, die die Finanzen und Verwaltungszuständigkeit der Länder betreffen.
Wichtig ist, dass der Bundesrat selbst keine Änderungen an dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz vornehmen kann. Ist er mit dem Gesetz in der vom Bundestag vorgelegten Form nicht einverstanden, muss er bei Einspruchsgesetzen zunächst den Vermittlungsausschuss anrufen. Bei Zustimmungsgesetzen kann er den Vermittlungsausschuss anrufen.
Im Vermittlungsausschuss sitzen in gleicher Anzahl Mitglieder des Bundestages und des Bundesrates (jeweils 16). Zweck des Vermittlungsverfahrens ist es, das betreffende Gesetz so zu modifizieren, dass es anschließend eine Chance hat, sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat angenommen zu werden. Kommt es zu einer Einigung im Vermittlungsausschuss, so wird das Ergebnis dem Bundestag wieder zugeleitet.
Nachdem der Gesetzentwurf den Bundestag und den Bundesrat passiert hat, muss er noch weitere Stationen durchlaufen, um als Gesetz in Kraft zu treten.
Das beschlossene Gesetz wird zunächst gedruckt und dem Bundeskanzler sowie dem zuständigen Fachminister zur Gegenzeichnung zugeleitet.
Anschließend erhält der Bundespräsident das Gesetz zur Ausfertigung. Er prüft, ob es verfassungsgemäß zu Stande gekommen ist und nicht inhaltlich offenkundig gegen das Grundgesetz verstößt. Danach unterschreibt er es und lässt es im Bundesgesetzblatt veröffentlichen.
Damit ist das Gesetz verkündet. Ist kein besonderes Datum des In-Kraft-Tretens im Gesetz genannt, gilt es automatisch ab dem 14. Tag nach der Ausgabe des Bundesgesetzblattes.