Trennungs- und integriertes Modell der Bahnprivatisierung spaltet die Experten
Berlin: (hib/VOM) Der Konflikt um die Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG in Form einer Trennung von Netz und Betrieb (Trennungsmodell) einerseits und einer gemeinsamen Privatisierung (integriertes Modell) andererseits spaltet die Sachverständigen nach wie vor. Dies wurde in einer weiteren öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses zu diesem Thema am Donnerstagnachmittag deutlich. Da half es auch nicht, dass Johannes Ludewig, ehemaliger Bahnchef und heutiger Generaldirektor der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften (CER) diesen Konflikt als irreführend darstellte. Nach seiner Darstellung gibt es nicht "das" Eisenbahn-Strukturmodell. Wichtig sei, ob die Modelle effizient funktionierten. So habe beispielsweise die Schweiz die am weitesten integrierte Eisenbahn in Europa. Generell sei festzustellen, dass Trennungsmodelle in Europa überwiegend an der Peripherie, integrierte Modelle dagegen eher in den zentralen Ländern mit Transitverkehr anzutreffen sei. Außerhalb Deutschlands werde die Diskussion daher mit einem gewissen Erstaunen zur Kenntnis genommen, so Ludewig.
Otto Wiesheu, Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn AG, erinnerte daran, dass das integrierte Modell nach Aussagen von EU-Kommissar Günter Verheugen mit dem europäischen Recht vereinbar sei. Wiesheu machte darauf aufmerksam, dass eine Entscheidung für die Trennung von Netz und Betrieb nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. Unterstützung für das integrierte Modell signalisierte auch Norbert Hansen, Chef der Eisenbahnergewerkschaft Transnet. Die Beschäftigten seien den bisherigen Weg der Privatisierung mitgegangen, obwohl er ihnen einiges abverlangt habe. Seine Gewerkschaft habe ein Interesse daran, dass die Deutsche Bahn als integriertes Unternehmen den bisherigen Weg weitergehen könne. Dies stehe nicht im Widerspruch zu einer dynamischen Steigerung des Wettbewerbs auf der Schiene.
Die Vertreter der Wettbewerber sowie der Industrie gaben dagegen dem Trennungsmodell den Vorzug. August Ortmeyer vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag wies darauf hin, dass der Bund beim integrierten Modell nach dem Grundgesetz die Mehrheit am Bahnnetz behalten müsse. Damit würde sich der Staat an dieses Unternehmen binden, der Bund müsste sich weiterhin als Unternehmer im Bereich Transport und Logistik beteiligen, was nicht akzeptabel sei. Im Gegensatz dazu habe sich der Bund aus Post und Telekom zurückgezogen. Der Staat sei erst dann wieder frei in seinen verkehrspolitischen Entscheidungen, wenn er sich vom Unternehmen frei gemacht habe. Im Übrigen müsse der Bund verdeutlichen, wie viel Eisenbahn er habe wolle und wie viel er sich leisten könne. Diese Frage stellte auch Dirk Flege vom Verein "Allianz Pro Schiene", der dem Bund vorwarf, weder eine Strategie noch bahnspezifische Ziele zu haben. Der Gemeinwohlauftrag müsse konkretisiert werden. Wenn der Bund es ernst meine, müsse er den Investoren sagen, welches Schienennetz er in den nächsten Jahren haben wolle. Ziel müsse es sein, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen und eine weitere Schrumpfung des Netzes zu verhindern.
Kay-Dirk Lindemann vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) nannte die Trennung von einem natürlichen Monopol die beste Voraussetzung für mehr Wettbewerb. Der BDI sei für das Trennungsmodell, habe aber auch eine Sympathie für die Alternativmodelle. Ein wettbewerbsfreundliches Umfeld bedeute mehr als nur einen diskriminierungsfreien Zugang zum Netz. Heiner Rogge vom Deutschen Speditions- und Logistikverband meinte, es müssten Anforderungen erfüllt sein, um den Gestaltungsspielraum für privaten Wettbewerb zu schaffen. Dazu gehörten der diskriminierungsfreie Netzzugang, transparente Preissetzungssysteme und ein neutraler Zugang zur Energieversorgung. Dem würde das Trennungsmodell am ehesten gerecht. Rogge plädierte dafür, den Einstieg in die Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn jetzt vorzunehmen.
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