Innenausschuss streitet über Befugnisse der Bundespolizei
Berlin: (hib/SUK) Droht die Einführung von Schleierfahndungen auf Bundesebene? Die Bündnisgrünen sind dieser Ansicht. Am Mittwochvormittag kritisierten sie in der Sitzung des Innenausschusses die Pläne der Bundesregierung, die Befugnis der Bundespolizei zur Durchführung so genannter lageabhängiger Kontrollen in Einrichtungen der Bahn und auf Flughäfen zu entfristen. Die Regierung hatte dazu einen Gesetzentwurf ( 16/4665) vorgelegt, der mit Koalitionsmehrheit angenommen wurde. Die Oppositionsfraktionen lehnten ihn geschlossen ab. Die Liberalen bilanzierten, es werde mit der Vorlage ein "Paradigmenwechsel zum Generalverdacht" eingeleitet.
Die Grünen betonten, es sei "das Ziel von Europa", dass Personenkontrollen an den Binnengrenzen entfielen. Die Pläne der Regierung führten aber "schleichend" dazu, dass die Intensität der Inlandskontrollen zunehmend stärker würde als die der ehemaligen Binnengrenzkontrollen. Die Bundespolizei erhalte mit der Befugnis Eingriffsmöglichkeiten ohne Verdacht auf begangene oder drohende Straftaten. Ein Vertreter der Bundesregierung hatte aus einem Bericht der Bundespolizei zur Wirksamkeit der Befugnis seit ihrer Einführung im August 1998 zitiert und festgestellt, in den vergangenen neun Jahren hätten insgesamt 2,5 Millionen Kontrollen stattgefunden. Dabei seien 280.000 polizeilich relevante Feststellungen getroffen und 9.000 unerlaubte Einreisen festgestellt worden. Aus Sicht der Koalition hat sich die Befugnis damit "absolut bewährt" und sei zu einem Instrument geworden, das auch "künftig unbedingt notwendig" sei, insbesondere angesichts der Beitritte weiterer Staaten zum Schengen-Raum. Die SPD wies darauf hin, es handele sich bei den Einsätzen nicht um verdachtsunabhängige, sondern um lageabhängige Kontrollen.
Die Opposition kritisierte den Bericht massiv. Es handele sich dabei nicht um eine überzeugende Evaluation, sondern um den Erfahrungsbericht der von der Befugnis Begünstigten. Dieser sei, so die Grünen, "zielgerichtet" geschrieben worden, um den Beweis zu erbringen, dass die Befugnis nötig sei. Um ihren Erfolg bewerten zu könne, müsse man auch darlegen, in wie vielen Fällen es nach den Kontrollen zu Ermittlungsverfahren und Verurteilungen gekommen sei, bemängelte die Linke. Darauf entgegnete die Regierung, diese Zahlen lägen nicht vor, weil sie nicht erhoben würden.
Auch der in der Sitzung anwesende Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Peter Schaar, teilte die Kritik der Opposition. Eine tatsächliche Evaluation müsse sowohl darlegen, wie häufig die Maßnahme zum Einsatz gekommen sei, welche Erfolge damit erzielt worden seien und welche rechtstaatliche Wirkung - also Grundrechtseingriffe - damit einhergegangen sei. Dies werde im Bericht nicht untersucht. Schaar schlug vor, die Befugnis nicht zu entfristen, sondern lediglich zu verlängern und die Regelung "unter Einbeziehung der neuen Verhältnisse" erneut zu evaluieren.
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