Zypries: Renditions sind rechtsstaatswidrig
Berlin: (hib/KOS) Als "willkürliche Freiheitsberaubung" und damit als Verstoß gegen rechtsstaatliche Standards hat Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) die Renditions-Praxis der USA kritisiert. Renditions wird die Entführung Terrorverdächtiger und deren Transport in getarnten Flügen zu Geheimgefängnissen genannt, gemeinhin wird von CIA-Flügen gesprochen. Zum Auftakt ihrer Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss erklärte die SPD-Politikerin am Donnerstagnachmittag, auch beim Kampf gegen den Terrorismus dürften die Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaat nicht aufgegeben werden. Diesen Grundsatz habe sie bereits 2003 in Washington mehrfach öffentlich und bei Gesprächen mit der Regierung betont. Bei der Frage, mit welchen Methoden man auf terroristische Bedrohungen reagieren solle, herrsche zwischen Deutschland und den USA nicht immer Übereinstimmung, so die Zeugin. Zypries sagte, bis Mai 2006 hätten neben Medienberichten keine sicheren Kenntnisse über die Nutzung deutschen Luftraums für Renditions vorgelegen. Ein konkreter Verdacht habe lediglich seit 2005 zu Abu Omar vorgelegen; dieser Ägypter war 2003 in Mailand von CIA-Agenten gekidnappt und über die pfälzische US-Basis Ramstein nach Kairo gebracht worden. Der Ausschuss befasst sich mit der Frage, ab wann deutsche Behörden und die hiesige Regierung von den CIA-Flügen wussten und welche Konsequenzen aus diesen Vorfällen gezogen werden. Zur Stunde befragen die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss CDU-Innenminister Wolfgang Schäuble.
Vor Zypries riefen Verfassungsschutz-Präsident Heinz Fromm sowie der ehemalige BND-Präsident und heutige Innen-Staatssekretär August Hanning dazu auf, der Zusicherung von US-Außenministerin Condoleeza Rice zu vertrauen, Washington wolle beim Antiterror-Kampf die deutsche Souveränität achten. Mit diesen Worten reagierten die beiden Zeugen auf kritische Fragen mehrerer Abgeordneter, ob man künftig nicht durch Kontrollen sicherstellen solle, dass es nicht mehr zu Renditions unter Inanspruchnahme deutschen Territoriums und Luftraums komme. Fromm und Hanning betonten, der Verfassungsschutz und der BND würden gegen Partnerdienste der USA nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln vorgehen. Diese "rote Linie" dürfe nicht überschritten werden, warnte Hanning. Sollte sich ein US-Dienst hierzulande nicht an deutsche Regeln halten, so Fromm, dann suche man das Gespräch, um Verstöße abzustellen.
Die beiden Zeugen erklärten, sie hätten erst Anfang 2005 über Presseartikel von den Renditions der USA im Sinne eines systematisch organisierten Transports von Terrorverdächtigen außerhalb geregelter Auslieferungsverfahren Kenntnis erhalten. Mehrere Abgeordnete hielten Fromm und Hanning indes vor, bereits 2002 hätten Medien entsprechende Berichte veröffentlicht. Zudem habe das europäische US-Hauptquartier Eucom in Stuttgart frühzeitig auf das breit angelegte Programm dieser Flüge hingewiesen. Dazu merkten die Zeugen an, es hätten damals keine konkreten Anhaltspunkte existiert, dass deutsche Belange durch US-Maßnahmen verletzt werden könnten. Fromm sagte zu dem Fall Abu Omar, nach dem Bekanntwerden dieses Transports 2005 habe die Staatsanwaltschaft Zweibrücken Ermittlungen eingeleitet. Überdies habe die deutsche Regierung in Washington wegen der Nutzung hiesigen Luftraums interveniert. Da habe es "keinen Raum für eigene Aktivitäten des Verfassungsschutzes" gegeben.
Fromm führte aus, einer stichprobenartigen Kontrolle von US-Flügen in Deutschland stünden allein schon praktische Schwierigkeiten wegen der Befugnisse seines Amts entgegen. Hanning erklärte, solche Überprüfungen seien auch nicht Sache des BND, sondern der dem Verkehrsministerium unterstehenden Flugkontrolle. Vor allem aber, so der Staatssekretär, solle man den Zusicherungen der US-Regierung glauben, in Deutschland würden sich Renditions nicht wiederholen. Mehrere Abgeordnete kritisierten hingegen, man dürfe es nicht bei dem Vertrauen in die US-Zusage belassen, künftig die deutsche Souveränität zu achten.
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