Entwicklungsländer in Zeiten der Finanzkrise nicht im Stich lassen
Berlin: (hib/JOH) Als sehr wichtiges, aber auch sehr kritisches Jahr für die Entwicklungspolitik, hat Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) das Jahr 2008 am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bezeichnet. Die Entwicklungsländer seien derzeit von drei Krisen besonders betroffen: den steigenden Nahrungsmittelpreisen, zusätzlichen Kosten für Öl und den Auswirkungen der Finanzkrise. "Wir müssen uns vergegenwärtigen: Wenn da nicht gegengesteuert wird, steigt die Gefahr von wachsender Armut und Konflikten."
Allein durch die hohen Preise für Lebensmittel seien fast 100 Millionen Menschen zusätzlich vom Hunger bedroht. Zugleich habe die Finanzkrise schwere Auswirkungen auf die Entwicklungsländer - und dies, obwohl deren Finanzmärkte nicht direkt in hohem Maße betroffen seien. Dennoch hätten diese Länder schlechtere Chancen und höhere Aufschläge bei Krediten, erklärte Wieczorek-Zeul. Problematisch sei zudem der Exportbereich, weil die Nachfrage in den Industrieländern, gerade auch in den USA, sinke, so die Ministerin.
In Kumulation der Krisen hätten sich nach Angaben der Weltbank die Terms of Trade (das Austauschverhältnis zwischen den exportierten und den importierten Gütern eines Landes) in 25 Entwicklungsländern stark verschlechtert. Dies mache etwa 5 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens (BNE) aus. Auf der Internationalen Konferenz zur Wirkung von Entwicklungshilfe im September 2008 in Accra (Ghana) hätten daher alle Teilnehmer nochmals an die Geberländer appelliert, dass die Zusagen zur Entwicklungszusammenarbeit unbedingt eingehalten werden müssen. "Damit leisten wir einen Beitrag zur Stabilität in den betroffenen Ländern, aber auch weltweit", so die Ministerin und verwies auf einen entscheidenden Unterschied im Vergleich zu Krisen früherer Jahrzehnte: Heute seien, anders als bei der Weltwirtschaftskrise vor 80 Jahren, andere Länder mitbetroffen von der Entwicklung. Vor dieser Tatsache könne man nicht einfach die Augen verschließen.
Als Reaktion auf die Nahrungsmittelkrise habe die Weltbank Soforthilfen eingesetzt, die auch schon zu zwei Dritteln abgerufen worden seien, berichtete Wieczorek-Zeul weiter. Zudem habe EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel vorgeschlagen, zusätzlich zu den Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit eine Milliarde Euro aus den nicht abfließenden EU-Agrarsubventionen einzusetzen. Inwieweit dieser konkrete Vorschlag umgesetzt werden soll, werde noch diskutiert. Insgesamt habe sich die Bundesregierung aber darauf verständigt, dass die Summe von einer Milliarde Euro mobilisiert werden soll. Die EU-Kommission solle hierzu einen Vorschlag erarbeiten.
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