Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit
Berlin: (hib/WOL) Die Perspektiven der Klimapolitik nach der
Ratifikation des Kyoto-Protokolls hat Bundesumweltminister
Jürgen Trittin (Bündnis90/Die Grünen) am
Mittwochvormittag im Fachausschuss skizziert. Der Minister
unterstrich dabei die Bedeutung eines Zeitfensters von zehn Jahren
für eine Beeinflussung des globalen Klimas. Nach Verstreichen
dieser Frist sei nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen eine
befürchtete Klimaerwärmung "unumkehrbar". Innerhalb der
Kyoto-Vertragsstaaten und der EU habe man sich daher darauf
verständigt, dass eine Erderwärmung um mehr als zwei Grad
Celsius gegenüber der so genannten "vorindustriellen Zeit"
verhindert werden müsse. Im Hinblick auf Kohlenstoffemissionen
und andere Erwärmungsfaktoren der Atmosphäre bedeute dies
eine Reduzierung der Emissionen um 30 Prozent im Gesamtdurchschnitt
bis zum Jahr 2020. Trittin ging dabei auch auf die Tatsache ein,
das dies für hoch entwickelte Industriestaaten wie etwa
Deutschland einen weit aus höheren Wert erfordere als in
anderen Ländern. Es bedeute unter anderem, dass Deutschland
mit einer derzeitigen Reduktion von 21 Prozent gerade einmal
ebensoviel zur Verminderung der Gesamtschadstoffe beitrage wie ein
EU-Nachbarstaat mit einer Reduktion von acht Prozent. Der Minister
warnte in diesem Zusammenhang auch vor einer
Überschätzung der Möglichkeiten durch einen
Emissionshandel mit Schwellen- oder Entwicklungsländern. Das
Instrument von "Cap and Trade" (Kappen und Handeln) könne nur
dann greifen, wenn über die Kappungsgrenzen Einigkeit bestehe.
Erst innerhalb eines vereinbarten reduzierten Rahmens über den
Ausstoß von Emissionen werde der Handel mit
Emissionszertifikaten Bedeutung erlangen. Gleichzeitig ging der
Minister auch auf den von England angestrebten "G8-Plus"-Gipfel
ein. Dazu sollen auch die Nichtunterzeichnerstaaten von Kyoto -
China, Indien und Brasilien - eingeladen werden. Die Bundesrepublik
unterstütze dies. Einen "Fehler" nannte Trittin, dass
seinerzeit vereinbart worden sei, erst nach der Ratifizierung des
Kyoto-Protokolls über ein weiteres Vorgehen zu verhandeln.
Dies führe nun zu einem Zeitverlust bei der Umsetzung und
Durchsetzung der Maßnahmen. Der Minister sprach auch den
Zielkonflikt zwischen Wirtschaftswachstum und Emissionen an. Bei
der Entwicklung in Asien sei es notwendig, Zugeständnisse zu
machen. Schwellenländer dürften im Hinblick auf
Emissionen nicht erst das frühere Stadium von
Industrieländern erreichen, um danach zu reduzieren. Im Bezug
auf die Rolle der USA und der Entwicklungsländer an der
Klimagestaltung erklärte der Ausschussvorsitzende Ernst Ulrich
von Weizsäcker (SPD), die USA hätten bereits lange vor
dem Abschluss des Kyoto-Protokolls deutlich gemacht, dass sie sich
ohne eine Einbindung der Entwicklungsländer nicht an den
Verhandlungen über Kyoto beteiligen wollten. Umgekehrt sei
für die Entwicklungsländer eine globale Vereinbarung zu
Klimavorgaben ohne die USA nicht akzeptabel.
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