Auswärtiges
Berlin: (hib/BOB) Viktor Juschtschenko möchte 2007 auf der
Grundlage eines Assoziations-vertrages Verhandlungen über
einen Beitritt zur Europäischen Union beginnen. Dieser
Erwartungshaltung gab der ukrainische Präsident am
Mittwochnachmittag bei einer Rede vor dem Plenum des Bundestages
Ausdruck. "Die Ukraine ist ein unentbehrlicher Teil der
europäischen Völkerfamilie", gab Juschtschenko sich
überzeugt. In seiner (simultan ins Deutsche übersetzten)
Rede machte das ukrainische Staatsoberhaupt weiterhin deutlich, der
Sieg der "orangenen Revolution" habe bewiesen, dass seine
Landsleute sich als Europäer fühlten. Die Ukraine sei ein
europäischer Staat, auf der Grundlage der gemeinsamen Ziele
und Werte. Die deutschen Abgeordneten bat Juschtschenko, das
Streben seiner Nation zu unterstützen. Er rief deshalb die
Parlamentarier dazu auf, die Visa-Regelungen, beispielsweise
für Geschäftsleute, Studenten oder Künstler, zu
liberalisieren. Sein Land sei im Übrigen auf der Grundlage des
mit der Europäischen Union Ende Februar 2005 ausgehandelten
Aktionsplans in einem Jahr bereit, Bilanz zu ziehen. Schon jetzt
habe seine Regierung erste Maßnahmen beschlossen, das
Unternehmertum zu unterstützen und die Steuerlast zu senken.
Deutschland stünde bislang an vierter Stelle der
Handelspartner der Ukraine. Die Möglichkeit bestehe durchaus,
dass es an die erste Stelle rücke, betonte Juschtschenko. Sein
Land sei bereit, Verhandlungen über die Gasversorgung und
über Ölpipelines mit Deutschland aufzunehmen. Die
Russische Förderation, betonte der ukrainische
Staatspräsident, bleibe "strategischer Nachbar" der Ukraine -
auf der Grundlage gut nachbarschaftlicher, gleichberechtigter
Beziehungen. Juschtschenko erinnerte an die Tage, an denen
Abgeordnete des Bundestages orangefarbene Schals zum Zeichen der
Unterstützung der ukrainischen Revolution getragen
hätten. Die Fotos darüber hätten der ukrainischen
Bevölkerung Mut gemacht. In seinem Land würde nunmehr
eine neue Seite der europäischen Geschichte aufgeschlagen. Die
Ukraine verdiene besondere Aufmerksamkeit. Der Sieg der Demokratie
habe sein Land umgewandelt, so Juschtschenko. Die jetzt Regierenden
besäßen den politischen Willen, die "gelenkte
Demokratie" durch eine echte Demokratie zu ersetzen. Der
ukrainische Präsident bemerkte im Übrigen, die
Mörder des ukrainischen Journalisten Georgij Gongadse seien
gefasst. Sie hätten die Tat gestanden. Man beginne nun, das
"schauerliche Mal vom Gesicht der Ukraine zu entfernen". Man werde
nicht ruhen, bis man auch der Hintermänner und der
Auftraggeber habhaft werde. Bundestagspräsident Wolfgang
Thierse (SPD) nahm in seinen einführenden Worten Bezug auf
einen "Hinweis" Juschtschenkos, dass der Eindruck nicht entstehen
dürfe, Besucher aus der Ukraine würden pauschal als
"potenzielle Straftäter" verdächtigt. Das Gegenteil sei
richtig, so Thierse. Ukrainerinnen und Ukrainer seien in
Deutschland genau so willkommen, wie alle anderen Gäste. Der
Bundestagspräsident begrüßte Juschtschenko als "den
gewählten Repräsentanten der neuen, jungen ukrainischen
Demokratie". Die Ukraine sei nun ein weiteres Glied in der "Kette
erfolgreicher, friedlicher Revolutionen zur Demokratie". Deshalb
sei die Sympathie mit der "orangenen Protestbewegung" so
groß, weil sie die Freiheitsrevolution von 1989
vervollständige, die in Polen, Ungarn, Tschechien,
Ostdeutschland begonnen und die kommunistische Diktatur in jenen
Staaten überwunden habe.
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