Kein weiteres Hearing zu ehemaligen Stasi-Mitarbeitern in der Birthler-Behörde
Berlin: (hib/AW) Der Kulturausschuss hat sich in seiner gestrigen Sitzung abschließend mit der Beschäftigung von derzeit noch 54 ehemaligen Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS) in der Stasiunterlagen-Behörde auseinandergesetzt. Nach der Sitzung zeigten sich die Parlamentarier einig, dass eine Sondersitzung des Ausschusses zu diesem Thema, wie ursprünglich geplant, nicht mehr nötig sei. Jetzt gehe es vielmehr darum, die Behörde endlich aus den Schlagzeilen zu bringen und ihr gutes nationales wie internationales Ansehen nicht weiter zu beschädigen.
Schwere Vorwürfe erhob in der Sitzung der ehemalige Leiter der Stasiunterlagen-Behörde, Joachim Gauck, gegen das Gutachten, das der ehemalige Verfassungsrichter Hans. K. Klein und Klaus Schroeder, der Leiter des Forschungsverbundes SED-Staat, im Auftrag von Kulturstaatsminister Bernd Neumann erarbeitet hatten. Das Gutachten pflege eine "Unkultur der Mutmaßungen". Gauck wies mit seinem Vorwurf auch entsprechende Fragen von Seiten der CDU/CSU und der FDP-Fraktion zurück. Man könne die ehemaligen Mitarbeiter der Stasi, die in der Behörde arbeiten, nicht dem pauschalen Vorwurf aussetzen, sie hätten ihre Stellung missbraucht. In jenen Fällen, wo ein solcher Missbrauch nachgewiesen werden konnte, seien entsprechende Konsequenzen gezogen worden. Seine Nachfolgerin im Amt des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes (BStU), Marianne Birthler, ergänzte, dass es in Bundesbehörden leider immer wieder zu Fällen von Illoyalität komme, dies könne man auch nicht ausschließen. Dies habe zunächst aber nichts mit der Frage zu tun, ob ein Mitarbeiter früher bei der Stasi beschäftigt gewesen sei oder nicht. Dieser Sichtweise schlossen sich auch die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen an. Birthler verwies darauf, dass mit wenigen Ausnahmen inzwischen keine ehemaligen Stasi-Mitarbeiter mehr direkt mit Antragstellern auf Akteneinsicht oder mit Opfern der Stasi in Kontakt kämen. Solange diese Mitarbeiter sich nichts zu schulden kommen ließen, gebe es auch keine Handhabe, diese auf andere Posten zu versetzen. Viele der ehemaligen Stasi-Mitarbeiter würden im Gegenteil sehr gute Arbeit in ihrer Behörde leisten. Klaus Schroeder wies die Vorwürfe gegen das Gutachten zurück. Man habe den Auftrag gehabt, zu prüfen, ob es die Möglichkeiten für einen Missbrauch gegeben habe. Diese Möglichkeiten hätten bestanden und dies habe man dargestellt. Gauck hatte zuvor dargelegt, dass man beim Aufbau der Behörde Anfang der 90er-Jahre nicht auf das Wissen von ehemaligen Stasi-Mitarbeitern hätte verzichten können.
Für das Bundesinnenministerium verwahrte sich dessen Vertreter gegen den Vorwurf von Seiten der Linksfraktion, die Bundesregierung habe den Bundestag 1996 bei seinen Angaben über die Zahl der beim BStU beschäftigten ehemaligen Stasi-Mitarbeiter vorsätzlich belogen. In der Antwort auf eine entsprechende Kleine Anfrage habe man lediglich nur jene ehemaligen Stasi-Mitarbeiter angegeben, die mit der inhaltlichen Arbeit beim BStU beschäftigt gewesen sei. Man habe nicht den Eindruck gehabt, dass die Kleine Anfrage auch auf Mitarbeiter des Wachpersonals abziele, die früher bei der Stasi beschäftigt gewesen seien.
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