Biokraftstoffe: Experten fordern bessere Bewertungsgrundlagen
Berlin: (hib/AS) Wenige Tage nach dem Scheitern der geplanten höheren Beimischung von Biokraftstoffen zum Benzin haben sich Experten unterschiedlich über den zukünftigen Umgang mit Agrarkraftstoffen geäußert, aber mehrheitlich einheitliche Bewertungsstandards gefordert. Bei einer Anhörung des Umweltausschusses über die Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ( 16/8150) am Mittwochnachmittag wurde insbesondere die Frage der Quoten und des Anbau und der Herstellung der Biokraftstoffe kontrovers diskutiert. Dabei äußerten sich die Sachverständigen auch zu der Frage, inwieweit die achte Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) mit den europäischen Vorgaben vereinbar sei.
Als Vertreter des ADAC erklärte Michael Niedermeyer, dass die von der EU vorgegebenen Quoten "heute schon übererfüllt" würden. Eine weitere Steigerung der Biokraftstoffquoten werde daher vom ADAC abgelehnt, weil diese Reglementierung mehr Probleme als Nutzen mit sich brächte. Der Umfang der Biokraftstoffe könne erst ausgewertet werden, wenn negative ökologische und soziale Auswirkungen durch den Anbau und die Produktion von Biokraftstoffen ausgeschlossen werden könnten. Friedrich Homann von der Mittelständischen Mineralöl- und Energiewirtschaft Deutschland e. V. plädierte für eine Versachlichung der öffentlichen Diskussion. Er forderte, die Entscheidungsgrundlagen hinsichtlich der weiteren Verwendung von Biokraftstoffen zu verbessern: "Wir haben den Eindruck, dass die Objektivierbarkeit der Fakten nicht gegeben ist", sagte er.
Die Geschäftsführerin des Verbandes der Biokraftstoffindustrie, Petra Sprick, begrüßte das Gesetz und erklärte, dass es insbesondere im Verkehrsbereich "unumgänglich" sei, Biokraftstoffe einzusetzen, um auf diese Weise einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Mittelfristig gebe es dazu keine Alternative, sagt Sprick. Gerade der Markt für Biokraftstoffe in Reinform (B100) müsse erhalten bleiben. Beim Import von Biokraftstoffen, die nicht aus Europa stammen, sollten nur nachweislich nachhaltig produzierte Rohstoffe eingeführt werden dürfen.
Kritisch zu der Verordnung äußerte sich Professor Martin Faulstich, Mitglied für Umweltfragen im Sachverständigenrat. "Diese Verordnung führt noch mehr auf den Weg, den wir für falsch halten, so Faulstich. Der Sachverständigenrat begrüßt, dass in der Bundesregierung der bisherige Fahrplan zum Ausbau der Agrokraftstoffe neu überdacht wird und plädierte dafür mit der Biomasse stärker Energien im Strom- und Wärmebereich zu fördern. Für den BUND sind die Agrokraftstoffe ebenfalls kein Beitrag zum Klimaschutz und zur Reduktion von CO2-Emissionen. Thorben Becker verwies für seinen Verband auf die schlechte Klimabilanz und sprach sich dafür aus, das Gesetz nicht zu verabschieden. Auch er verwies nochmals darauf, dass es ein Problem darstelle, dass es in diesem Bereich keine klaren Berechnungsgrundlagen gebe. Peter Hahn vom Netzwerk Lebensmittel-Forum unterstützte die Position des Sachverständigenrates und verwies in seinem Beitrag darauf, dass durch die Agrokraftstoffe unter anderem eine "Flächennutzungskonkurrenz" hinsichtlich der Produktion von Lebensmitteln und Kraftstoffen entstanden sei. Als Konsequenz forderte er ein Moratorium und schlug vor eine Überprüfungsklausel in die Verordnung zu integrieren, um gegebenenfalls die Beimischungsquote für Kraftstoffe nach unten korrigieren zu können.
Grundsätzliche Überlegungen zur Frage der Biokraftstoffe äußerte Gerd Rosenkranz von der deutschen Umwelthilfe. Er kritisierte, dass es sich bei der Einführung der Biokraftstoffe um eine "heterogene Interessensallianz" gehandelt habe, die Agrokraftstoffe mit einer "ziemlich brachialen Einführungsstrategie" durchgesetzt habe. Neben den Landwirten hätten sich auch die Maschinen- und Anlagenbauer sowie die Autohersteller aus unterschiedlichen Motiven für die Kraftstoffe ausgesprochen. Insgesamt, so Rosenkranz sei aber zu wenig über die sozialen und ökologischen Ziele nachgedacht worden. Er warnte in der Diskussion davor, nicht "von einem Extrem ins andere zu verfallen" und lobte die Ergebnisse der Forschung in dieser Frage: "Man muss der Wissenschaft danken, sagte Rosenkranz", weil sie rechtzeitig das richtige gesagt hat."
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