Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung/
Berlin: (hib/BES) Trotz der bürgerkriegsähnlichen
Situation in Sri Lanka wird Deutschland die
Entwicklungszusammenarbeit mit dem Land nicht einstellen. "Wir
bleiben dort", versicherte eine Vertreterin des Bundesministeriums
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im
Fachausschuss am Mittwochvormittag. Die Lage in Sri Lanka sei mehr
als prekär. Die Möglichkeiten der
Entwicklungszusammenarbeit seien absolut eingeschränkt.
Deutschland unterstütze dennoch die
Nichtregierungsorganisationen überall dort, "wo wir Zugang
haben", so das BMZ. Allerdings sei eine zunehmende Gefährdung
der Mitarbeiter zu beobachten, was bereits die Schließung
einiger Büros zur Folge hätte. Das BMZ arbeite nun
verstärkt mit dem Auswärtigen Amt (AA) zusammen und
fokussiere seine Arbeit auf Friedenssicherung und
Konfliktmanagement. Neue Mittel würden angesichts dieser
Entwicklung nicht bewilligt. Zuvor hatte eine Vertreterin des AA
den Ausschuss über die politische Situation in Sri Lanka
unterrichtet. Demnach habe sich die Sicherheitslage seit Januar,
als die Regierung den Waffenstillstand mit den tamilischen Rebellen
außer Kraft gesetzt hatte, deutlich zugespitzt. Die
Konsequenz sei ein blutiger Stellungskrieg im Norden.
Bombenanschläge und Selbstmordattentate nähmen zu. Daher
rate das AA derzeit von Reisen in das südostasiatische Land
ab. "Sri Lanka sitzt auf einer ethnischen Zeitbombe", zitierte die
AA-Vertreterin eine namentlich nicht erwähnte NGO. Auch 60
Jahre nach der Unabhängigkeit sei der ethnische Konflikt
zwischen der singhalesischen Mehrheit und der tamilischen
Minderheit, die etwa 18 Prozent der Bevölkerung stellt, nicht
gelöst, so das AA zu den Gründen des Konflikts. Dabei
würden beide Konfliktparteien systematisch die Menschenrechte
verletzen. Es gebe exzessive Verhaftungen und Folter. Auf
Journalisten werde Druck ausgeübt; die tamilische
Bevölkerung stünde teilweise unter einem Generalverdacht
der Zusammenarbeit mit den Rebellen. Hinzu komme, dass auch
Kindersoldaten zwangsrekrutiert würden. Die EU habe bereits
2006 versucht, eine Resolution im Menschenrechtsrat zur Situation
in Sri Lanka durchzusetzen, fand dafür aber keine Mehrheit, so
das AA weiter. Die USA setzten ebenso wie Europa auf eine
politische Lösung, würden aber den Konflikt vor allem
unter dem Aspekt des Kampfes gegen den Terror betrachten. Indien
sei sehr zurückhaltend und beunruhigt, beschränke sich
aber auf Appelle. Die Regiering Sri Lankas scheine dabei keinen
großen Wert auf die Meinung der internationalen Gemeinschaft
über die Möglichkeiten der Konfliktlösung zu legen
und sei sehr kritisch bei Interventionsversuchen ausländischer
Partner. Andererseits kooperiere das Land mit China und dem Iran.
Dennoch gebe es Möglichkeiten der Einwirkung der EU, die nach
dem Tsunami Ende 2005 im Rahmen des Allgemeinen
Präferenzsystems Plus (APS Plus) Sondervergünstigungen
für Sri Lanka für gute Regierungsführung beschlossen
habe. Das APS Plus beinhaltet die Ratifizierung und Umsetzung von
16 Menschenrechts-, Arbeits- und Sozialabkommen und elf Abkommen
über Umweltschutz, Antidrogen- und Antikorruptionspolitik. Die
Regierung in Colombo habe zwar die Abkommen ratifiziert, zum
großen Teil aber nicht umgesetzt. Dabei sei die
Überprüfung der Umsetzung sehr schwierig und langwierig,
so das AA. In der EU ist nach Darstellung der Bundesregierung
bereits eine Diskussion im Gange, ob das APS Plus, das 2008
ausläuft, verlängert werden solle. Ein möglicher
Wegfall hätte negative Auswirkungen auf Sri Lanka. Als
Beispiel nannte das AA die Textilindustrie. Rund 1,2 Millionen
Mitarbeiter seien in dieser Branche tätig, dabei würden
40 Prozent der Produktion in die EU ausgeführt. Zur Lage der
Wirtschaft sagte die AA-Vertreterin, diese sei stabil. Allerdings
steige die Inflation dramatisch. Die Gründe hierfür seien
zu zwei Dritteln hausgemacht. Schuld seien die Militärausgaben
der Regierung. Der Ausschuss begrüßte die
Schwerpunktsetzung der derzeitigen deutschen
Entwicklungszusammenarbeit mit Sri Lanka auf Friedenssicherung und
Konfliktmanagement. Neben Detailfragen zu
Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka, der Zusammenarbeit
zwischen BMZ und AA und zu lokalen Partnerschaften zwischen
deutschen Gemeinden und NGOs mit Partnern in Sri Lanka, verlangten
Grüne, FDP und Union Auskunft der Bundesregierung zu einem
Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", wonach es einen
"unfeinen Deal" zwischen der Bundesregierung und Sri Lanka gegeben
haben soll. Laut "Spiegel" habe die Bundesregierung Sri Lanka ihre
Unterstützung für die Wiederwahl in den
UN-Menschenrechtsrat angeboten, um sich die Unterstützung Sri
Lankas für die Wahl Deutschlands als temporäres Mitglied
im Sicherheitsrat 2010 zu sichern. Nach Auskunft des AA seien
zwischenstaatliche Absprachen grundsätzlich vertraulich. Daher
gebe es zu diesem Bericht keine Stellungnahme der Bundesregierung.
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