Experte: Befugnisse durch BKA-Gesetz werden auch genutzt
Berlin: (hib/HLE) Das geplante BKA-Gesetz wird nach Ansicht von Experten eine erhebliche Verschiebung der Polizeiarbeit zur Folge haben. Der Bielefelder Rechtswissenschaftler Christoph Gusy stellte am Montag in einer Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages fest, die Bundesländer könnten ihre Befugnisse zur Terrorabwehr zum Teil nicht ausfüllen. Es fehle oft an technischen Möglichkeiten oder der Wille sei nicht da. "Das wird auf Bundesebene nicht der Fall sein", sagte Gusy in der Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt ( 16/9588). Von den neuen Befugnissen des Gesetzes, das unter anderem die so genannte Online-Durchsuchung und Telekommunikations-Überwachungsmöglichkeiten vorsieht, "wird in großem Umfang Gebrauch gemacht werden", gab sich der Experte überzeugt. Zahlreiche Normen in dem Entwurf seien sehr detailfreundlich. Daher sei das Gesetz in zahlreichen Bereichen schwer anwendbar. Komplizierte Datenschutz-Maßnahmen würden noch keinen wirkungsvollen Datenschutz gewährleisten, so Gusy.
Der Passauer Verfassungsrechtler Dirk Heckmann sagte, er könne dem Gesetzentwurf "weitgehende Verfassungskonformität bescheinigen". Dies gelte auch für den Bereich der Online-Durchsuchungen. Kritisch wandte der Sachverständige ein, dass Ärzte und Journalisten keinen hundertprozentigen Schutz vor Ausspähversuchen genießen würden. Ärzten werde jedoch "nicht weniger Persönliches anvertraut als Pfarrern", so Heckmann. Im Gegensatz zu anderen Gutachtern kritisierte der Berliner Staatsrechtler Martin Kutscha, er habe bisher kein Argument für die unabdingbare Notwendigkeit der Online-Durchsuchung gehört. Es werde zwangläufig zu nicht zulässigen Eingriffen in den privaten Kernbereich kommen. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Computer völlig Unbeteiligter ausgeforscht werden", sagte Kutscha. Der Wissenschaftler
verlangte, der Schutz des Kernbereichs des Privatlebens müsse in einer zentralen Bestimmung geregelt werden und nicht wie im Entwurf zu jeder einzelnen Maßnahme. Christoph Möllers (Universität Göttingen) bemängelte, der Entwurf sei von dem Grundsatz geprägt "Wir geben allen Behörden, die wir haben, alle Kompetenzen, die wir kennen". Möllers sagte, er vermisse ein Organisationskonzept. Auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, kritisierte, der Gesetzgeber gehe immer weiter in den Bereich der "nachrichtendienstlichen Mittel" hinein.
Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, sprach sich eindringlich für den Gesetzentwurf aus. Das Bundeskriminalamt werde nur in vier bis fünf Ausnahmefällen pro Jahr tätig werden. Ziercke wies Kritik zurück: "Das BKA wird nicht zu einem deutschen FBI und nicht zu einer mächtigen Geheimdienstzentrale."
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