Grüne für Überarbeitung des Dritten Armuts- und Reichtumsberichts
Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen übt massive Kritik an der Datenbasis und somit der Aussagekraft des Dritten Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung. Der Bericht sei nicht nur ein "echter Rückschritt" in Sachen Datenqualität, er bringe auch das Instrumentarium des Armuts- und Reichtumsberichts insgesamt in Misskredit, schreibt die Fraktion in einem Antrag ( 16/10654). Sie fordert darin, den gesamten Bericht zu überarbeiten und auf eine "aktuelle wie solide" Datenbasis zu stellen.
Vor allem kritisiert die Fraktion das erstmals verwendete Datenmaterial, die für die Jahre 2004/2005 vom Statistischen Bundesamt erhobene Studie "Leben in Europa" (EU-SILC). In den vorherigen Berichten wurden noch die Daten der ebenfalls amtlichen Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) verwendet. Die auf der neuen Datenbasis errechnete Armutsrisikogrenze liegt bei 781 Euro und damit deutlich niedriger als im Zweiten Armuts- und Reichtumsbericht, in dem, auf Basis der EVS 2003, dieser Grenzwert bei 938 Euro lag. Die Armutsrisikoquote ist nach den Berechnungen der Bundesregierung ebenfalls zurückgegangen, von 13,5 Prozent im Jahr 2003 auf 13 Prozent im Jahr 2005. Lege man stattdessen die Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP) zugrunde, dann liegt die Armutsrisikoquote bei 18 Prozent im Jahr 2005 und die Armutsrisikogrenze bei 880 Euro, schreibt die Fraktion in ihrer Begründung. "Diese gegenläufigen Ergebnisse werden in der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung jedoch nicht kommuniziert." Außerdem würde der Dritte Armuts- und Reichtumsbericht auch nicht den Gutachten entsprechen, die ihm "angeblich" zugrunde liegen. So hätte das Gutachten "Integrierte Analyse der Einkommens- und Vermögensverteilung" vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) einen "dramatischen" Anstieg der Armut von 2000 bis 2005 festgestellt.
Neben der Überarbeitung fordert die Grünen-Fraktion auch, die Regelleistungen für erwachsene Hartz-IV-Empfänger auf mindestens 420 Euro anzuheben und den Anpassungsmechanismus künftig an die Preisentwicklung zu koppeln. Darüber hinaus verlangen die Grünen, die finanzielle Situation von Geringverdienern durch Mindestlöhne zu verbessern und ein "Programm gegen die soziale Selektion in Bildung, Gesundheit und Kultur".
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