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Renate Gradistanac
Mitglied des Deutschen Bundestages |
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Rede im
Deutschen Bundestag am 3. Juli 2003
2./3. Les.
SPD/Grüne-Entwurf eines Gesetztes zur Änderung der
Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften. Sehr
verehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr verehrten Damen und Herren, sexueller Missbrauch von
Kindern, sowie Kinderpornografie, Kinderhandel und
Kinderprostitution sind abscheuliche Straftaten und müssen
konsequent verfolgt und bestraft werden. Diesem Ziel kommen wir mit
der heutigen Reform des Sexualstrafrechts ein großes
Stück näher. Gleichzeitig ist die Reform ein wichtiger
Beitrag zur Umsetzung des „Nationalen Aktionsplanes zum
Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und
Ausbeutung“. Der Aktionsplan geht zurück auf den
„Zweiten Weltkongress gegen die kommerzielle sexuelle
Ausbeutung von Kindern“, der im Dezember 2001 in Yokohama
stattgefunden hat. Da ich mitreisen durfte, erinnere ich mich
besonders gut daran, dass die Teilnehmerstaaten sich verpflichtet
haben, anhand einer nationalen Gesamtstrategie die sexuelle Gewalt
gegen Kinder und Jugendliche umfassend zu bekämpfen. Der
Aktionsplan bündelt ressortübergreifend einen Katalog von
Maßnahmen, die vier zentrale Ziele verfolgen:
- den
strafrechtlichen Schutz von Kindern und Jugendlichen weiter zu
entwickeln,
- Prävention und Opferschutz zu stärken,
- internationale Strafverfolgung und Zusammenarbeit sicher zu
stellen,
- die
Vernetzung der Hilfs- und Beratungsangebote zu
fördern.
Die Reform des
Sexualstrafrechts ist eine zentrale Maßnahme bei der
Umsetzung dieser Ziele. Dabei geht es uns - im Gegensatz zur
CDU/CSU-Fraktion - nicht um eine grundsätzliche
Verschärfung, sondern wir wollen Lücken im Gesetz
schließen und eine differenzierte Anpassung vornehmen. Ich
will das an einigen Beispielen deutlich machen. Der strafrechtliche
Schutz von Kindern gegen sexuellen Missbrauch wird durch neue
Straftatbestände verbessert. So macht sich bei einfachem
sexuellen Missbrauch ohne Körperkontakt künftig auch
strafbar
- wer durch
Schriften auf ein Kind einwirkt,
- wer ein Kind
für sexuellen Missbrauch anbietet,
- und wer sich
mit einem anderen zum sexuellen Missbrauch eines Kindes
verabredet.
Damit wird eine
wichtige Lücke im Strafgesetz geschlossen. In diesem
Zusammenhang möchte ich herausstellen, dass wir das sogenannte
Erzieherprivileg einschränken. Hiermit wollen wir die
Verantwortung der Eltern und Sorgeberechtigten, die z.B.
pornografische Schriften zugänglich machen, einfordern. Die
Strafbarkeit der Darstellung von Gewalttätigkeit wird um das
Merkmal „menschenähnliche Wesen“ erweitert.
Gemeint sind hier künstliche Menschen, Außerirdische
oder auch gezeichnete Menschen. Die schockierenden Ereignisse in
Erfurt erfordern die verbesserte Bekämpfung von
Gewaltdarstellungen. Die heutige Reform umfasst auch den wichtigen
Bereich des Kinderhandels. Hier werden Mündel und Pfleglinge
in den Kreis der geschützten Personen aufgenommen Die
Schutzaltersgrenze wird von 14 auf 18 Jahre angehoben. Wichtig und
richtig ist, dass Nebenklageberechtigte, die auf Grund ihrer
psychischen und physischen Situation nicht in der Lage sind, ihre
Interessen ausreichend wahrzunehmen, einen sogenannten Opferanwalt
bestellen können. Im EU-Jahr der Menschen mit Behinderungen
freut es mich, dass wir die Forderung der Behindertenverbände
aufgenommen haben und erfüllen. Angeglichen werden die
Strafrahmen des sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger
Personen an die Strafrahmen der sexuellen Nötigung
beziehungsweise der Vergewaltigung nach Paragraf 177. Die
Anzeigepflicht bzw. die Mitteilungspflicht ist nicht weiter
verfolgt worden. Wir haben die Bedenken der Praktikerinnen und
Praktiker ernst genommen. Vielen Dank für die konstruktive
Unterstützung. Damit wird deutlich, dass das Kindeswohl
oberste Priorität hat und keine Mechanismen in Gang gesetzt
werden, die dem Strafrecht, gerade in diesem hochsensiblen Bereich,
einen Vorrang einräumen. Frau Ministerin Zypries, wir
unterstützen ausdrücklich ihre Auffassung, dass Menschen
mehr Zivilcourage zeigen und „Hinschauen statt
Wegschauen“ sollen. Eine breit angelegte
Präventionskampagne mit dem Ziel, das Bewußtsein der
Öffentlichkeit für das drängende Problem des
sexuellen Mißbrauchs zu schärfen, begrüßen
wir nachdrücklich. Besonderen Handlungsbedarf sehen wir in der
Tourismuswirtschaft, die aufgerufen ist, ihren eigenen Ehrencodex
umzusetzen. |
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