Rede im
Deutschen Bundestag am 15. Januar 2004
Top 6, Rede zu
CEDAW (Drs 15/105, 15/599, 15/601, 15/740, 15/1171)
Frau
Präsidentin,
meine sehr
verehrten Damen und Herren,
werte
Kolleginnen und Kollegen,
Frauenorganisationen begrüßen, dass der
CEDAW-Staatenbericht zum ersten Mal im Deutschen Bundestag
diskutiert wurde. Immerhin handelt es sich bereits um den 5.
Bericht. Das Übereinkommen der Vereinten Nationen hat das
Ziel, jede Form von Diskriminierung der Frau zu
beseitigen.
Mit Interesse
habe ich den Schattenbericht der Nichtregierungsorganisationen
gelesen. Mein herzlicher Dank gilt den Verfasserinnen, die die
Bundesregierung in vielen Bereichen loben, aber auch
Handlungsbedarf aufzeigen.
Bei der
Erwerbstätigkeit von Frauen wurden erfreuliche Fortschritte
erzielt. Ausschlaggebend war meiner Meinung nach das
ressortübergreifende Programm „Frau und Beruf“ von
1999. Es hat der Gleichstellung von Frauen in der Arbeitswelt neue
Schubkraft gegeben und ist weitgehend umgesetzt. Beispielhaft sind
die flexible Elternzeit und der Rechtsanspruch auf
Teilzeit.
Meine Damen
und Herren, wenn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelingen
soll, muss der Schwerpunkt konsequent auf der Betreuung von Kindern
liegen, das heißt mehr Krippenplätze für
0-3-jährige Kinder, bedarfsorientierte
Kindergartenöffnungszeiten und deutlich mehr Ganztagsbetreuung
an Schulen. Dafür hat meine Bundesregierung vier Milliarden
Euro zur Verfügung gestellt. Dies ist besonders lobenswert, da
es nicht um die originäre Zuständigkeit des Bundes
handelt.
Es gibt, werte
Kolleginnen und Kollegen, keine geschlechtsneutrale
Politik.
Gender
Mainstreaming ist die Umschreibung dafür, dass sowohl die
Belange von Frauen als auch Männern berücksichtigt werden
müssen. In Schweden wird diese Strategie schon seit langem
angewandt. Will dort eine Kommune einen neuen Sportplatz bauen,
wird eine Analyse erstellt die aufzeigt, welche Sportarten von der
männlichen und welche von der weiblichen Bevölkerung
bevorzugt werden. Je nach Ergebnis wird der Sportplatz dann so
gestaltet, dass darauf nicht nur Fußball gespielt werden
kann, sondern auch weitere Sportarten ihren Platz bekommen. Davon
profitiert dann die ganze Bevölkerung.
Wir erhoffen
uns, dass durch die Einrichtung des GenderKompetenzZentrums in
Deutschland langfristige Veränderungen und ein
gesellschaftlicher Bewusstseinswandel erzielt werden. Das Zentrum
hat die Aufgabe zu beraten, Forschung zu initiieren und zu
koordinieren. Es soll das Wissen zum Thema Gender Mainstreaming
bündeln.
Um die Gewalt
gegen Frauen zu bekämpfen und Kinder und Jugendliche vor
sexuellem Missbrauch zu schützen, hat die Bundesregierung zwei
vorbildliche Aktionspläne entwickelt. Das Gewaltschutzgesetz
mit seinen zivilrechtlichen Regelungen verbessert den Schutz von
Frauen im sozialen Nahraum. Wichtig ist mir außerdem, dass
verstärkt Fortbildungsangebote eingerichtet werden. Polizei,
Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen für die
Problematik männlicher Gewalt und für den Umgang mit
Tätern und Gewaltopfern geschult werden. Der Startschuss
für eine breite Präventionskampagne unter dem Motto
„Hinschauen statt Wegschauen“ fällt im
Frühjahr.
Werte
Kolleginnen und Kollegen, ich teile die Einschätzung von
Terres des Femmes im Schattenbericht, dass sexistische Werbung
einem Gesellschaftswandel im Wege steht. Ich verweise auf ein
Beispiel aus dem Jahrbuch des Deutschen Werberates aus dem Jahr
2003. Eine bundesweite Tageszeitung warb in einer Plakatserie mit
Bildern von jungen Frauen, die nur knapp bekleidet waren. Darunter
standen Sprüche wie „Mittags krieg ich Hunger. Auf
Sex.“ Die Kritik der Beschwerdeführer, dass Frauen auf
eine sexuelle Funktion reduziert und somit zum Objekt degradiert
werden, wurde vom Werberat nicht geteilt, auch nicht, dass sie
kinder- und jugendgefährdend sei. Der Deutsche Werberat berief
sich auf die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit und stufte
die Werbung nicht als frauendiskriminierend ein.
Hier zeigt
sich die mangelnde gesellschaftliche Sensibilität. Eine Chance
dies zu ändern und eine umfassende Antidiskriminierungskultur
in Deutschland durchzusetzen, bietet die Umsetzung der drei
EU-Richtlinien. Gemeint sind die so genannte
Antirassismusrichtlinie, die allgemeine Rahmenrichtlinie und die
Genderrichtlinie.
Als ein Ziel
für den 6. CEDAW-Bericht wünsche ich mir, dass die
Diskussion um gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit zur
Vergangenheit gehört. Dieses Ziel mag zwar sehr ehrgeizig
sein, findet aber in unserer Gesellschaft sicherlich viele
Verbündete.
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