Rede im
Deutschen Bundestag am 17. Juni 2005
2./3.
Lesung - Antidiskriminierungsgesetz - SPD,
B90/Grüne
Entwurf
eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer
Antidiskriminierungsrichtlinien
Frau
Präsidentin,
meine sehr
verehrten Damen und Herren,
ich bin stolz
auf uns, meine SPD-Bundestagsfraktion. Wir werden heute das
Antidiskriminierungsgesetz in 2. und 3. Lesung verabschieden. Wir
wollen Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts, der ethnischen
Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, der sexuellen
Identität oder aufgrund des Alters oder einer Behinderung im
Arbeits- und im Alltagsleben wirksam entgegentreten.
Wir setzen
vier EU-Richtlinien sachgerecht und mit Augenmaß in deutsches
Recht um: im Arbeitrecht, im Zivilrecht und mit der Einrichtung
einer nationalen Antidiskriminierungsstelle. Im Zivilrecht und bei
der nationalen Stelle gehen wir über die EU-Vorgaben bewusst,
nachvollziehbar und begründet hinaus. Behinderte und alte
Menschen sind aus gutem Grund in unserem Gesetz mit dabei. Die
Interessenverbände dieser Menschen und nicht nur die
begrüßen dies ausdrücklich.
Wir haben seit
1998 erfolgreich Politik für Menschen mit Behinderungen
durchgesetzt. Karl Hermann Haack steht für unsere Politik.
Teilhabe und Selbstbestimmung statt Fürsorge stehen für
uns im Mittelpunkt. Das Benachteiligungsverbot des Grundgesetzes
soll gelebte gesellschaftliche Wirklichkeit werden. Mit dem
Gleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen haben wir
die rechtliche Voraussetzung dafür geschaffen. Meine Damen und
Herren, unsere Gesetze erfüllen im Arbeitsrecht bereits die
Vorgaben der EU-Richtlinien. Eine Klageflut konnten wir hier bisher
nicht feststellen, genauso wenig wie beim Merkmal Geschlecht. Und
nun wollen wir Menschen mit Behinderungen auch zivilrechtlich
schützen. Das haben wir versprochen, das haben auch sie
versprochen, meine Damen und Herren von der Opposition.
Meine Damen
und Herren von der CDU/CSU: Einerseits bringen sie einen Antrag mit
dem Titel „Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am
öffentlichen Leben konsequent sichern“ in den Bundestag
ein. Andererseits wollen sie diese Menschen vom Schutz des
Antidiskriminierungsgesetzes ausschließen. Was gilt denn nun?
Ist ihr Antrag überhaupt ehrlich gemeint.
Meine Damen
und Herren von der CDU/CSU, sie wollen Menschen mit Behinderungen
und im Übrigen auch alte Menschen im Zivilrecht weiterhin
ausgrenzen und diskriminieren. Populistisch ist ihr Spruch
„Vorfahrt für Arbeit“. Warum sollte
zivilrechtlicher Schutz Arbeitsplätze verhindern?
Zwei Beispiele
dafür, warum ich zivilrechtlichen Schutz für dringend
notwendig halte:
„Blinden, Seh- und Gehbehinderten ist das Spenden von
Blut nicht gestattet“, damit wurde einer blinden Studentin
das Blutspenden verweigert, ein Satz aus der Dienstanweisung einer
privaten Blutbank. Eine Fluggesellschaft verlangte vom Hausarzt
einer behinderten Frau folgende Auskunft: „Ist aufgrund der
Verfassung des Patienten damit zu rechnen, dass sich andere
Passagiere gestört fühlen könnten, durch A) Geruch -
B) Aussehen - C) Verhalten“.
Wir wollen mit
diesem Gesetz die Antidiskriminierungskultur in Deutschland
stärken. Das ist eine der großen Herausforderungen
für unsere Demokratie und für ein stabiles
europäisches Haus.
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