Kritik an Rentenplänen der Großen Koalition
Berlin: (hib/MPI) Die Pläne der Großen Koalition für außerplanmäßige Rentenerhöhungen in diesem und im kommenden Jahr stoßen auf zum Teil harsche Kritik. Der Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Alexander Gunkel, bemängelte am Montag in einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, der geplante Eingriff in die Rentenformel öffne einer "Rentenpolitik nach Wahlterminen und Kassenlage Tür und Tor". Zumindest sollte der Gesetzgeber darauf verzichten, für 2009 eine zusätzliche Rentenerhöhung zu beschließen. Gunkel sagte, die geplante Sonder-Rentenanhebung 2009 hätte zur Folge, "dass die Renten im kommenden Jahr sogar stärker steigen als die zugrundeliegenden Löhne und Gehälter". Der Wirtschafts- und Sozialstatistiker Professor Eckart Bomsdorf von der Universität Köln bemerkte zu den Koalitionsplänen: "Bestellt wird jetzt, bezahlt wird später." Belastet würden in den Jahren 2011 und 2012 im Wesentlichen die Beitragszahler.
Nach dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen ( 16/8744), der am Donnerstag zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestages steht, sollen die Bezüge der rund 20 Millionen Rentner in Deutschland in diesem Jahr statt um 0,46 um 1,1 und im kommenden Jahr um voraussichtlich mindestens zwei Prozent steigen. Dazu wird der so genannte Riester-Faktor für zwei Jahre ausgesetzt. Dieser dämpft den Rentenanstieg und soll die private Vorsorge der im Erwerbsleben stehenden Bevölkerung honorieren. Der Riester-Faktor soll in den Jahren 2012 und 2013 nachgeholt werden.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte zwar grundsätzlich, dass der Riesterfaktor ausgesetzt werden soll. Allerdings werde der Trend, dass die Rentenbeträge von Rentenzugangsjahr zu Rentenzugangsjahr sinken, "nicht gebremst". Der DGB-Rentenexperte Ingo Nürnberger sagte: "Man kann die Kosten der Alterung der Gesellschaft nicht wegreformieren." Mit den bisherigen Dämpfungsfaktoren würden lediglich die Arbeitgeber von diesen Kosten entlastet. Für den Sozialverband Deutschland (SoVD) wies dessen Referent Ragnar Hoenig darauf hin, dass die Kaufkraft der Renten von 2004 bis einschließlich 2008 aufgrund der Inflation um mehr als acht Prozent gesunken sei. Der SoVD begrüße daher "nachdrücklich", dass mit den Vorschlägen der Koalition zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder das Leistungsziel der gesetzlichen Rentenversicherung und nicht allein die Beitragssatzstabilität im Vordergrund stehe. Gleichwohl müsse der Riester-Faktor auch nach 2009 vollständig ausgesetzt werden, so Hoenig. Dafür spreche auch, dass der Verbreitungsgrad der Riester-Rente es nicht rechtfertige, alle Rentner mit einem Rentenabschlag zu belasten.
Der Präsident der Deutschen Rentenversicherung, Herbert Rische, regte an, gegebenenfalls die Rentenformel zu vereinfachen und diese klarer darzustellen. Es gebe "kaum jemanden, der die Rentenformel wirklich versteht", sagte Rische. Er fügte hinzu, er gehe davon aus, dass die Deutsche Rentenversicherung die Pläne der Koalition pünktlich zum geplanten Termin 1. Juli 2008 umsetzen könne.
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