Experten: Privatwirtschaft in Entwicklungsländern muss gestärkt werden
Berlin: (hib/HAU) Der Ausbau eines funktionierenden privatwirtschaftlichen Sektors bildet die Grundlage für wirtschaftlichen Fortschritt in Entwicklungs- und Schwellenländern. In dieser Einschätzung waren sich die Sachverständigen während einer Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zum Thema "Entwicklungszusammenarbeit und Außenwirtschaftsförderung" am Mittwochvormittag einig. Als Haupthindernisse für Entwicklung und Investition gelten nach Ansicht der Experten nach wie vor Korruption, ausufernde Bürokratie und die fehlende Infrastruktur.
Andreas Stamm vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik mahnte an, trotz aller Probleme nicht nur von "Hindernissen" zu reden, sondern auch "positive Entwicklungen" zur Kenntnis zu nehmen. So sei nach dem letzten Forschungsbericht zu den Millenniumszielen der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2007 der Anteil der Menschen, die in extremer Armut leben, in den letzten 15 Jahren von fast einem Drittel der Weltbevölkerung auf weniger als ein Fünftel zurück gegangen. Die "Entwicklungsfortschritte" seien jedoch regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. Besonders in sogenannten "Low-Income-Countries" führten zu kleine Binnenmärkte sowie Defizite im Bildungswesen zur Stagnation der wirtschaftlichen Entwicklung. "Middle-Income-Countries" müssten sich dem Kostendruck der Globalisierung stellen, wobei ihnen oftmals der Zugang zu Technologie fehle. Zudem gebe es in diesen Ländern einen zunehmenden Fachkräftemangel. Aus Sicht von Hans W. Meyer-Ewert vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft hat insbesondere Afrika mit einem "Imageproblem" zu kämpfen. Vielfach sei von "Katastrophenländern" die Rede, was der tatsächlichen Situation nicht entspreche, so Meyer-Ewert, der nicht in Abrede stellen wollte, dass Investitionen in Afrika - insbesondere für den deutschen Mittelstand - mit einem erhöhten Risiko verbunden seien. Diese Risiko, so seine Forderung, müsse kompensiert werden, etwa durch die steuerliche Anerkennung von Verlusten bei Investitionen in Afrika.
Auch Helmut Gauges von der KfW-Bankengruppe sieht ein erhöhtes Risiko bei Investitionen in Afrika. Die KfW habe Mittelständler schon oft von derartigen Investitionen abgeraten, da diese den Bestand des Unternehmens hätten gefährden können. Neben dem Infrastrukturproblem und der Korruption sei es die fehlende Stabilität der Finanzsysteme, die Sorge bereiten würde. Gelöst werden müssten die Probleme im Land selbst, so Gauges. Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit könne dazu nur Anregungen geben. Eine bessere Verzahnung von Außenwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit forderte Hannes Reiser vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Die Zusammenarbeit zwischen Auswärtigem Amt und den Bundesministerien für Wirtschaft sowie wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung habe sich verbessert, müsse aber weiter beschleunigt werden. "Der Schatz für eine win-win-Situation ist gefunden. Er muss aber noch gehoben werden", so Reiser. Auf die Forderung nach der Einhaltung sozialer Standards beim Engagement der deutschen Wirtschaft in Afrika sagte Reiser, diese Standards dürften nicht nur für deutsche Unternehmen gelten, sondern müssten generell zur Anwendung kommen. Schließlich stünde man im internationalen Wettbewerb, unter anderem mit China, wo derartige Standards deutlich abgesenkt seien. Elisabeth Strohscheidt von Venro, dem Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen, erinnerte daran, dass Wirtschaftsförderung in Entwicklungsländern auch negative Folgen haben könne. So würden ausländische Investoren durch niedrige Löhne, unzumutbare Arbeitsbedingungen und andere negative Rahmenbedingungen in Sonderwirtschaftszonen angelockt. Strohscheidt forderte, in der Entwicklungszusammenarbeit stärker auf "Good Governance" - eine gute Regierungsführung - zu achten. Dies diene Entwicklung und Wirtschaft gleichermaßen.
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