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Renate Gradistanac
Mitglied des Deutschen Bundestages
SPD
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Rede im Deutschen Bundestag am 12. Oktober 2007

Antrag CDU/CSU und SPD „Häusliche Gewalt gegen Frauen konsequent weiter bekämpfen“

Aktionsplan II der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen

Frau Präsidentin,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

„statistisch gesehen ist es für eine Frau tausend Mal gefährlicher verheiratet zu sein, als durch den Wald zu joggen“, so das Fazit einer Kripo-Chefin aus Baden-Württemberg nach 30 Berufsjahren. Das eigene Zuhause ist leider noch immer der gefährlichste Ort für eine Frau. Häusliche Gewalt, so Amnesty International, ist in Europa die größte Bedrohung für Gesundheit und Leben von Frauen im Alter von 16 bis 44 Jahren. Sie stellt für Frauen ein größeres Risiko dar als Krebs oder Autounfälle.

Gewalt gegen Frauen wird überwiegend durch Männer verübt; von Männern, die Partner oder Ehemänner sind. Einkommen, Bildung oder Alter spielen dabei keine Rolle. Jährlich suchen mehr als 40.000 Frauen in Deutschland mit ihren Kindern Hilfe in einem Frauenhaus. Die Polizei registriert jährlich circa 300 Morde infolge häuslicher Gewalt. Gewalt gegen Frauen kostet unsere Solidargemeinschaft jährlich 14,8 Milliarden Euro. Dies sind die Kosten für Justiz, Polizei, ärztliche Behandlung und Arbeitsausfälle.

Wir haben in den vergangenen Jahren viel erreicht und die Situation von Gewaltopfern entscheidend verbessert. Der Antrag von SPD und CDU/CSU „Häusliche Gewalt gegen Frauen konsequent weiter bekämpfen“ spiegelt dies wider. 1999 hat die damalige rot-grüne Bundesregierung den Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen vorgelegt. Erstmals lag ein umfassendes und ressortübergreifendes Gesamtkonzept für eine wirkungsvolle und nachhaltige Bekämpfung von Gewalt vor.

Der Aktionsplan ist erfolgreich umgesetzt. Hier kurz zwei Punkte: Im Jahr 2002 ist das Gewaltschutzgesetz in Kraft getreten. Durch den Platzverweis haben Opfer von Gewalt eine echte Alternative zum Frauenhaus erhalten. Das Signal „wer schlägt, muss gehen“ wird von jedermann verstanden. Es hat sich gezeigt, dass das Gesetz weitgehend genutzt und angewandt wird. Nun gilt es zu prüfen, ob es noch Möglichkeiten zur Verbesserung gibt. Mit dem Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen, dem so genannten Stalkinggesetz, haben wir im Frühjahr dieses Jahres Gesetzeslücken geschlossen. Seitdem sind Opfer von Nachstellungen besser geschützt.

Seit 2004 liegt die erste repräsentative Studie über das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen vor. 40 Prozent der befragten Frauen haben seit dem 16. Lebensjahr körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt. Mehr als die Hälfte der Befragten haben unterschiedliche Formen von sexueller Belästigung erfahren. 42 Prozent aller Frauen waren Formen von psychischer Gewalt ausgesetzt. Die ermittelten Befunde bestätigen die bisherigen Schätzungen, wonach jede vierte Frau in Deutschland körperliche oder sexuelle Gewalt durch ihren Partner erlebt hat.

Die Studie hat auch ergeben, dass Migrantinnen noch häufiger Gewalt ausgesetzt sind als deutsche Frauen. Zudem werden sie dabei auch öfter verletzt. Gerade Frauenhäuser und Beratungsstellen sind für Migrantinnen sehr wichtig. Sie nehmen sie stärker in Anspruch als alle anderen Hilfsangebote. Voraussichtlich zum Jahresende wird die Studie zu Kriminalität und Gewalt im Leben alter Menschen abgeschlossen sein. Die Zwischenergebnisse lassen darauf schließen, dass auch ältere und pflegebedürftige Menschen Opfer von Gewalt werden; zu Hause, im Pflegeheim und nicht nur in Einzelfällen. Ältere Frauen werden dabei auch Opfer sexueller Gewalt. Über die Gewalterfahrungen von Frauen mit Behinderungen fehlen leider noch gesicherte Daten. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass ein erhöhtes Gewaltrisiko besteht, wenn sie auf Pflegekräfte angewiesen sind. Wir fordern in unserem Antrag hier dringend, repräsentative Studien in Auftrag zu geben, um dann zielgerichtete Maßnahmen zu ergreifen.

Seit letzter Woche liegt der zweite Aktionsplan der Bundesregierung vor. Mit seinen 133 Einzelmaßnahmen ist er ein ehrgeiziges Projekt. Ich freue mich, dass sich der Maßnahmenkatalog in weiten Teilen mit unseren Forderungen deckt. Es ist wichtig und richtig, sich auf Frauen mit Behinderungen, Migrantinnen und ältere sowie pflegebedürftige Frauen zu konzentrieren. Ausdrücklich zu begrüßen ist, dass beim Schwerpunkt Prävention bereits bei den Kindern angesetzt wird. Marlene Rupprecht, Kinderbeauftragte meiner Fraktion, wird unter anderem auf den Nationalen Aktionsplan "Für ein kindergerechtes Deutschland“ eingehen.

Meine Damen und Herren, der Europarat hat die Kampagne „Stoppt häusliche Gewalt gegen Frauen“ gestartet, die wir in einer feierlichen Erklärung im Deutschen Bundestag bekräftigt haben. Wir erwarten, dass die Bundesregierung den zweiten Aktionsplan genauso zügig umsetzt wie den ersten.