Unabhängigkeit und Chancengleichheit sichern
Für den Wahlkampf und ihre Arbeit brauchen Parteien Geld. US-Präsident Barack Obama musste deshalb viele Spenden von seinen Unterstützern sammeln. Dies gilt prinzipiell auch für die Parteien in Deutschland. Doch sie können, anders als amerikanische Parteien, zusätzlich staatliche Subventionen bekommen – sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Außerdem sind die Parteien nach dem Grundgesetz dazu verpflichtet, über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel und über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft zu geben. In Deutschland ruht die Parteienfinanzierung somit auf drei Säulen: Neben Mitgliedsbeiträgen und privaten Spenden können Parteien auch staatliche Mittel erhalten.
Das war nicht immer so: Zu Beginn ihrer Geschichte finanzierten
sich die Parteien der Arbeiterbewegung vornehmlich über
Mitgliedsbeiträge, bürgerliche Parteien vor allem
über Spenden. Ihr Wandel zu Volksparteien war aber auch mit
einem aufwendigeren Wahlkampf und dem Ausbau der Parteiorganisation
verbunden. Beiträge und Spenden reichten zur Finanzierung
nicht mehr aus. Die Parteien erhielten nun öffentliche Gelder.
Dies wurde mit ihrer Verwurzelung in der Gesellschaft und ihrer im
Grundgesetz verankerten Aufgabenstellung im demokratisch verfassten
Staat begründet. Denn gemäß Artikel 21 Absatz 1 des
Grundgesetzes wirken die Parteien bei der politischen
Willensbildung des Volkes mit.
Von der Wahlkampfkostenerstattung zur staatlichen
Teilfinanzierung
Die staatliche Teilfinanzierung der Parteien nach Maßgabe des Parteiengesetzes gibt es in ihrer heutigen Form erst seit 15 Jahren. 1994 hatte der Bundestag die staatliche Parteienfinanzierung durch eine entsprechende Reform des Parteiengesetzes grundlegend geändert. An die Stelle der bisherigen Wahlkampfkostenerstattung, die sich allein nach der Zahl der Wähler einer Partei richtete, trat eine staatliche Teilfinanzierung. Diese orientiert sich nun an dem Abschneiden der Parteien bei Wahlen ebenso wie an der Höhe ihres Beitrags- und Spendenaufkommens.
Das Ziel der staatlichen Förderung ist allerdings trotz dieser Veränderung geblieben: Mit der Teilfinanzierung durch Bundesmittel soll einerseits die Unabhängigkeit der Parteien gegenüber privaten externen Geldgebern gestärkt und andererseits auch eine gewisse Chancengleichheit von kleinen und großen Parteien gewahrt werden.
Wählerstimmenanteil und Zuwendungsanteil
Maßstab für die Verteilung der staatlichen Mittel ist die gesellschaftliche Bedeutung einer Partei. Diese wird daran gemessen, wie viele Stimmen sie bei der jeweils letzten Europa-, Bundes- und Landtagswahl erzielt hat. Über diesen so genannten Wählerstimmenanteil hinaus fließt für jeden Euro, den die Partei durch Spenden oder Mitgliedsbeiträge selbst eingenommen hat, ein weiterer Zuschuss von 38 Cent in die Parteikasse. Dabei werden aber nur Zuwendungen bis zu 3.300 Euro pro natürliche Person berücksichtigt. Diese Form der Finanzierung nennt sich Zuwendungsanteil.
Voraussetzung für eine solche staatliche Unterstützung ist allerdings, dass die jeweilige Partei nach dem endgültigen Wahlergebnis der jeweils letzten Europa- oder Bundestagswahl mindestens ein halbes Prozent oder bei der letzten Landtagswahl mindestens ein Prozent der Stimmen bekommen hat.
Für jede Wählerstimme erhalten die Parteien jährlich 70 Cent aus der Staatskasse, für die ersten vier Millionen Stimmen sogar 85 Cent. Parteilose Einzelbewerber, die mindestens zehn Prozent der abgegeben Erststimmen in einem Wahlkreis erhalten haben, bekommen für jede gültige Stimme sogar 2,80 Euro.
Doppelte Begrenzung der staatlichen Zuschüsse
Allerdings werden diese Zahlungen zweifach limitiert: Zum einen gibt es eine „absolute Obergrenze“ der staatlichen Zuschüsse zur Parteienfinanzierung, die derzeit bei 133 Millionen Euro pro Jahr liegt. Dies ist das Gesamtvolumen staatlicher Mittel, das allen anspruchsberechtigten Parteien jährlich höchstens ausgezahlt werden kann und das im Parteiengesetz festgeschrieben ist. Mehr Geld aus der Staatskasse gibt es nicht, es sei denn, der Bundestag verabschiedet eine entsprechende Änderung des Parteiengesetzes.
Die staatlichen Zuschüsse dürfen außerdem nicht höher sein als die von der Partei selbst erwirtschafteten Einnahmen. Dies ist die „relative Obergrenze“ der Zuschüsse. Hierdurch soll verhindert werden, dass eine Partei „überwiegend“, das heißt zu mehr als 50 Prozent, durch den Staat finanziert wird.
Für die großen Parteien war diese Auflage in der Vergangenheit kein Problem. Manche kleinere Partei, zum Beispiel die Tierschutzpartei, war von dieser Regelung jedoch schon betroffen, da sie weniger Eigeneinnahmen verbuchen konnte als ihr rechnerisch an staatlichen Zuschüssen hätte ausbezahlt werden können.
Laut der „Festsetzung der staatlichen Mittel für das Jahr 2008“ erhalten die im Bundestag vertretenen Parteien aktuell staatliche Mittel aus dem Bundeshaushalt in folgender Höhe (Beträge gerundet): CDU 43,59 Millionen Euro, SPD 43,49 Millionen Euro, CSU 11,28 Millionen Euro, Bündnis 90/Die Grünen 10,21 Millionen Euro, FDP 10,14 Millionen Euro und Die Linke 9,47 Millionen Euro. Neben diesen Parteien haben derzeit noch zwölf andere Parteien aufgrund ihrer Wahlerfolge Anspruch auf staatliche Teilfinanzierung. Wie hoch die staatliche Unterstützung der Parteien jeweils für das Vorjahr ausfällt, gibt übrigens der Bundestagspräsident immer zum 15. Februar des darauffolgenden Jahres bekannt.
"Parteien erfüllen eine wichtige demokratische Funktion"
Die Änderung der Parteienfinanzierung war 1994 nötig geworden, weil die vorhergehende Regelung der Wahlkampfkostenerstattung vom Bundesverfassungsgericht 1992 für teilweise verfassungswidrig erklärt worden war. In ihrem Urteil erkannten die Verfassungshüter allerdings erstmals an, dass die staatlichen Zuschüsse an die Parteien nicht nur dazu dienen, Wahlkämpfe zu finanzieren. Vielmehr bestätigte das Gericht, dass Parteien eine wichtige demokratische Funktion erfüllen und sie deshalb vom Staat in Teilen mitfinanziert werden dürfen.
Doch die Richter in Karlsruhe formulierten auch Auflagen für das System der staatlichen Parteienfinanzierung: So muss die Staatsfreiheit der Parteien gewährleistet sein. Daher dürfen die staatlichen Zuschüsse die Eigenmittel nicht übersteigen. Darüber hinaus soll die Chancengleichheit der Parteien gewahrt werden. Deshalb müssen auch kleine Parteien, die nicht im Bundestag oder einem Landtag vertreten sind, in das System einbezogen werden.
An erster Stelle steht jedoch das im Grundgesetz verankerte Gebot, im Hinblick auf die Parteifinanzen Transparenz zu wahren. Dieser Verpflichtung kommen die Parteien mit ihrem jährlichen Rechenschaftsbericht nach. Darin legen sie öffentlich Rechenschaft ab über ihr Vermögen sowie über die Herkunft und Verwendung ihrer Finanzmittel. Die Vorlage eines den Vorschriften des Parteiengesetzes entsprechenden Rechenschaftsberichts ist zwingende Voraussetzung, um in den Genuss staatlicher Mittel zu kommen.
Parteifinanzen werden transparent gemacht
Zwar erreicht die Lektüre eines Rechenschaftsberichts nicht unbedingt den Spannungsgrad eines Kriminalromans. Gleichwohl enthält ein solcher Bericht mehr als nur Zahlenkolonnen. So schreibt das Parteiengesetz zum Beispiel vor, dass eine Partei jeden Spender, der ihr im Jahr mehr als 10.000 Euro überwiesen hat, mit Name und Anschrift im Rechenschaftsbericht nennen muss. Weil die Rechenschaftsberichte als Bundestagsdrucksachen ( 16/8400, 16/8401 und 16/9425) verteilt und vom Bundestag außerdem ins Internet gestellt werden, kann sich auch die Öffentlichkeit ein Bild von den finanziellen Verhältnissen der Parteien machen.
Gäbe es das System der staatlichen Teilfinanzierung der Parteien mit den Prinzipien der Staatsfreiheit, Chancengleichheit und Transparenz nicht, entstünde am Ende wohl ein System wie in den Vereinigten Staaten, wo die Parteien sehr viel stärker von Großspenden durch Unternehmen abhängig und somit auch stärker dem politischen Lobbyismus ausgesetzt sind.
Wäre das wirklich eine Alternative?