Renate
Gradistanac MdB
Berlin, 7.Mai
2009
Tourismuskooperation und Jugendaustausch mit den neuen
EU-Staaten fördern
Frau
Präsidentin,
meine Damen
und Herren,
mit diesem
Antrag verknüpfen wir, was zusammen gehört.
Jugendaustausch schafft die Grundlage langfristigen touristischen
Interesses. Die BKJ-Studie aus dem Jahr 2005 hat uns deutlich vor
Augen geführt: Wer als Jugendlicher in ein Land reist, kehrt
dorthin wieder einmal zurück. So stärkt der Austausch
nicht nur den Auslandstourismus, sondern liegt ganz im Interesse
einer langfristigen Wachstumsstrategie des Deutschland-Tourismus.
Wir begeistern junge Leute so für unser Land und werben damit
nicht nur für unsere touristischen Ziele. Damit
Jugendaustausch aber touristisch und persönlichkeitsbildend
wirksam werden kann, müssen die Strukturen dafür bestehen
und gut genutzt werden können.
Jeder
Wirtschaftsbereich lernt gerade die neuen EU-Mitglieder kennen oder
orientiert sich auf die noch neuen Märkte. Das gilt
insbesondere in einem Europa der Regionen für die
wirtschaftliche Zusammenarbeit in den grenznahen Gebieten. Hier ist
grenzüberschreitender Handel und wirtschaftliche Verflechtung
seit Langem Alltag. Es ist nun kaum erklärbar, warum wir
ausgerechnet den Wirtschaftsfaktor Tourismus nicht im selben
bemühen unterstützen sollten. Es ergibt sich schon fast
von selbst, unsere Kenntnisse und Erfahrungen, die nicht zuletzt in
der Anhörung deutlich wurden, den Bundesländern zur
Verfügung zu stellen und sie bei Umsetzungsstrategien zu
unterstützen. Sicherlich ist hier schon viel geschehen, das
Engagement der Länder muss auch gewürdigt werden. Wir
müssen aber die Vorraussetzungen für wirksame,
grenzüberschreitende Tourismuskooperationen schaffen. Hierbei
ist es ebenso unsere Pflicht, uns auf europäischer Ebene
für eine weitere Förderung der grenzüberschreitenden
Regionen einzusetzen.
Grenzüberscheitende Zusammenarbeit darf aber nicht den
weiteren Blick auf die „Neuen“ überdecken. Auch
den Staaten an den südosteuropäischen
EU-Außengrenzen müssen wir die Hand reichen, ihnen unser
Interesse zeigen und ihre jungen Menschen nach Deutschland
einladen. Damit wollen wir die europäische Idee konkretisieren
und ganz praktisch in die Tat umsetzen.
Allerdings ist
der Wirtschaftsfaktor Tourismus zu Recht nur ein Ansatzpunkt
unseres Antrags. Jugendaustausch stellt für viele Jugendliche
eine der vielleicht wenigen Reisemöglichkeit unabhängig
vom Geldbeutel der Eltern dar. Die Lebenswelt gleichaltriger kennen
zulernen ist ein wesentliches Element des Heranwachsens. Das gilt
sowohl für zeitlich beschränkte Anlässe und
stärker natürlich noch für Freiwilligendienste,
deren Ausbau für die osteuropäischen Nachbarn wir
fordern.
Schlüsselkompetenzen in einer zusammenwachsenden Welt
sich anzueignen ist die vielleicht wichtigste Aufgabe der heutigen
jungen Menschen. Hierin besteht die eigentliche Zukunftssicherung.
Es stimmt mich froh, dass unser Koalitionspartner auch zu der
Einsicht gekommen ist, dass interkulturelle Kompetenz mehr bedeutet
als Pizza, Döner oder Sushi essen. Interkulturelle Kompetenz
beginnt mit dem Interesse für das Andere. Diese Neugier junger
Menschen müssen wir forcieren und unterstützen. Junge
Menschen können nicht zu wenig Auslandserfahrung sammeln. Sei
es durch Gruppenaustausch, Freiwilligendienste oder die
EU-Programme für junge Studierende.
Zudem sehen
wir uns einem unerfreulichen Phänomen gegenüber, dem wir
mit dem direkten Kontakt junger Menschen begegnen müssen:
Gleich mehrere Studien haben belegt, dass auch ein Teil der jungen
Menschen nach wie vor für rassistische, homophobe und
diskriminierende Ideologien aufgeschlossen ist. Nicht nur in
Deutschland, rassistisches und faschistisches Gedankengut ist in
vielen Teilen Europas immer noch vorhanden. Gegensteuern! lautet
die Devise, nach der das demokratische Gemeinwesen zu handeln hat.
Jugendaustausch ist da sicherlich weder der alleinige noch der
Königsweg. Aber die direkte Auseinandersetzung mit dem
Fremden, also fremdsprachigen Menschen oder Lesben, Schwulen oder
Andersdenkenden, baut Vorurteile und vorhandene Ressentiments ab.
Auch hier gilt es, die Idee eines freien, auf Antidiskriminierung
beruhendes Europa immer und immer wieder in die Tat
umzusetzen.
Deshalb
fordern wir die Bundesregierung und die zuständigen
Ministerinnen und Minister mit diesem Antrag definitiv dazu auf,
deutlich aktiver zu werden. Weil es unsere Pflicht ist, jungen
Menschen Chancen zu eröffnen und ihnen jeden Weg für eine
chancengleiche Zukunft zu ebnen. Die Grundlage unseres Handelns
folgt den Gedanken der amerikanischen
Literaturnobelpreisträgerin Pearl Buck: „Die Jugend soll
ihre eigenen Wege gehen, aber ein paar Wegweiser können nicht
schaden.“
Herzlichen
Dank!
|