Bei Umsätzen noch nicht von Soll- auf Ist-Besteuerung umstellen
Berlin: (hib/VOM) Der Finanzausschuss hat es am Mittwochvormittag abgelehnt, zum jetzigen Zeitpunkt die Umsatzbesteuerung von der Soll- auf eine Ist-Besteuerung umzustellen. Einen entsprechenden Antrag der FDP-Fraktion ( 15/2977) lehnte der Ausschuss in der von den Liberalen selbst geänderten Fassung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der CDU/CSU ab. Das Umsatzsteuerrecht verpflichtet die Unternehmer, die Steuer für Umsätze an das Finanzamt zu zahlen, ohne das sie das Geld von ihren Kunden erhalten haben. Die Umsatzsteuer muss in dem Monat gezahlt werden, in dem die Leistung erbracht wurde, während der Unternehmen sie vom Schuldner frühestens mit der Rechnungsstellung verlangen kann, hatte die Fraktion in ihrem Antrag festgestellt. Beide Zeitpunkte lägen oft viele Monate auseinander. Das System der Sollversteuerung sei betrugsanfällig. Das Umsatzsteueraufkommen stagniere, obwohl das Bruttosozialprodukt steige.
Nach den Vorstellungen der FDP sollte der Vorsteueranspruch des Staates erst dann entstehen, wenn die Rechnung bezahlt wurde (Ist-Besteuerung). Als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug schlägt die Fraktion vor, anstelle ausführlicher Nachweise, dass eine Rechnung einschließlich Umsatz bezahlt wurde, auch ein Testat eines Steuerberaters als Grundlage für die Vorsteuererstattung anzuerkennen. Bündnis 90/Die Grünen wiesen darauf hin, dass das System einer Ist-Besteuerung nur mit einem Kontrollverfahren funktionieren könne. Bis zur Jahresmitte laufe ein von Bund und Ländern gemeinsam finanziertes Planspiel zu diesem Thema, außerdem sei eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben worden. Da man an einer Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs ebenfalls großes Interesse habe, sollten erst die Ergebnisse von Planspiel und Studie abgewartet werden. Dieser Einschätzung schloss sich auch die SPD an. Man sei sich grundsätzlich darin einig sei, so die Fraktion, das Thema der Ist-Besteuerung gemeinsam voranzubringen. Zunächst sollten alle Erkenntnisse zusammengeführt werden, damit in einigen Monaten eine Lösung "aus einem Guss" möglich sei.
Bei Enthaltung der FDP abgelehnt wurde im Ausschuss auch ein Gesetzentwurf der CDU/CSU zur Vereinheitlichung der Umsatzgrenze bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten ( 15/3193). Seit 1968 könnten Unternehmer die Umsatzsteuer auf Antrag nach den eingenommenen Beträgen berechnen, wenn der Gesamtumsatz im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 250.000 DM oder 125.000 Euro betragen habe. Abweichend davon gelte für Unternehmer in den neuen Ländern seit 1996 eine Umsatzgrenze von 1 Million DM oder 500.000 Euro. Damit sollte auf Liquiditätsengpässe kleiner und mittlerer Unternehmen Rücksicht genommen werden. Die Union hatte nun vorgeschlagen, die Umsatzgrenzen zeitlich befristet auf einheitlich 500.000 Euro für Unternehmen in allen Bundesländern festzulegen. Dadurch würde es zu einer Verschiebung bei den Umsatzsteuereinnahmen von etwa 700 Millionen Euro kommen. Wenn es gelänge, die "Insolvenzwelle" im Mittelstand zu stoppen, würde dies auch zu Steuermehreinnahmen führen. Die Regierung hielt es dagegen für nicht einsichtig, weshalb der Steuerzahler die Liquidität der Unternehmen sichern solle, nur weil diese untereinander die Rechnungen nicht pünktlich bezahlten.
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