Ausschuss für wirtschaftliche Entwicklung
und Zusammenarbeit (Anhörung)/
Berlin: (hib/KOS) Direkte, nicht zweckgebundene Geldtransfers zur
Finanzierung der Haushalte vor allem afrikanischer Länder
können ein sinnvolles Mittel der Entwicklungshilfe und nicht
zuletzt der Armutsbekämpfung sein, wenn diese
Unterstützung an innere Reformen, an die Aufwertung der
Parlamente und an die Stärkung der Wirtschaftskraft in den
Empfängerstaaten gebunden ist. Zum Auftakt einer Anhörung
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung über Chancen und Risiken dieser Budgethilfe
forderten am Mittwoch mehrere Sachverständige die
Bundesregierung, die EU-Kommission und die Weltbank auf, als
Geberkonsortien in den Nehmerländern in diesem Sinne vermehrt
Einfluss zu nehmen. Auf diese Weise könnten die Gefahren
direkter Transfers wie beispielsweise Zweckentfremdung von Geldern,
Korruption, Klientelwirtschaft oder die Festigung autoritärer
Machstrukturen minimiert werden. Aus Sicht Peter Molts steht bei
den Gebern hinter der Budgethilfe im Kern oft das Motiv, über
eine solche Unterstützung fragile Nationen zu stabilisieren
und eine politische wie fiskalische Kontrolle auszuüben. Auf
diesem Wege wolle man etwa auch einen Beitrag zur Bekämpfung
von Terrorismus oder Drogenkriminalität leisten, so der
Trierer Politik-Professor. Molt sieht das Risiko, dass direkte
Etathilfen in den Nehmerstaaten den "bürokratischen
Zentralismus" fördern, die Position der jeweiligen Eliten
sichern und so die innere Demokratisierung dieser Länder
behindern. In der Regel seien nur die Regierungen in die
Verhandlungen mit den Gebern einbezogen, die Parlamente würden
hingegen vor vollendete Tatsachen gestellt. Der Wissenschaftler hob
Ghana als einzige afrikanische Empfängernation hervor, in der
die Volksvertretung etwa über Anhörungen bei den
Modalitäten der Budgethilfe mitbestimmen könne. Molt
forderte die Bundesregierung auf, ihren Einfluss auf die praktische
Umsetzung dieser Form der Entwicklungshilfe auszubauen und dies
nicht allein der Weltbank und der EU-Kommission zu überlassen.
Walter Eberlei kritisierte besonders die Undurchschaubarkeit der
EU-Politik auf diesem Feld der Entwicklungshilfe. Für den
Professor an der Fachhochschule Düsseldorf kommt es vor allem
darauf an, im Zusammenhang mit der Gewährung von Budgethilfen
in den betreffenden Ländern "entwicklungsorientierte
Koalitionen" mit ausgewählten Kräften aus dem
Regierungslager, dem Parlament und der Zivilgesellschaft zu
schmieden. Parlamente seien in Afrika oft schwache Institutionen,
in denen Pfründenwirtschaft eine nicht unerhebliche Rolle
spiele. Auch sei das zivilgesellschaftliche Element meist noch
nicht gefestigt. Wolle man Parlamente und Zivilgesellschaft
tatsächlich in die Entscheidungen zu Budgethilfen mit
einbeziehen, so lassen sich aus Sicht Eberleis die Vergabekriterien
für direkte Geldtransfers ohne weiteres entsprechend
ausgestalten. Für Stefan Leiderer vom Deutschen Institut
für Entwicklungshilfe kann die Budgethilfe dann ein
effizientes Instrument zur Armutsbekämpfung sein, wenn dieses
Mittel im Rahmen eines konstruktiven "Politikdialogs" zwischen
Gebern und Nehmern verantwortungsvoll und adäquat eingesetzt
werde. In den Empfängerstaaten müsse diese Finanzpolitik
für die Medien und die politische Öffentlichkeit
transparent gemacht werden. Ein gewisses Problem sieht Leiderer in
der Rechenschaftspflicht der betreffenden Regierungen
gegenüber den Gebern: Deren auf diese Weise ausgeübter
Einfluss schmälere die Mitbestimmungsrechte der Parlamente in
den Nehmerländern. Letztlich sei die Budgethilfe
"alternativlos", so Professor Molt.
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