Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen der Bundespolizei umstritten
Berlin: (hib/MEN) Die Forderung nach einem Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen der Bundespolizei wird von Experten unterschiedlich beurteilt. In einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses zum Polizeiaufbau in Afghanistan am Montagnachmittag sprachen sich zwei Sachverständige ausdrücklich gegen einen vorherigen konstitutiven Bundestagsbeschluss bei Polizeimissionen im Ausland aus. Bernd Brämer, Präsident der Bundespolizeiakademie, und Kurt Graulich, Richter am Bundesverwaltungsgericht, erklärten, ein Parlamentsvorbehalt sei weder erforderlich noch vom Grundgesetz vorgesehen. Es gebe "deutliche Unterschiede zwischen polizeilichen und militärischen Einsätzen", sagte Brämer. Der Grundsatz der Gewaltenteilung und die Stellung der Polizei in Deutschland sprechen laut Graulich gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer entsprechenden gesetzlichen Regelung. Für einen "politischen Parlamentsvorbehalt" als Rückhalt für die Beamten im Auslandseinsatz plädierten hingegen Jörg Radek von der Gewerkschaft der Polizei und Dieter Schenk, Honorarprofessor der Universität Lodz. Radek betonte, die parlamentarische Befassung drücke aus, wie das Parlament hinter einem bestimmten Einsatz stehe. Es gehe nicht in erster Linie um Kontrolle der Regierung, sondern um eine Mitverantwortung des Bundestages, der mit seiner Zustimmung die außenpolitische Tragweite eines Einsatzes überprüfe, so Schenk.
Massive Kritik an den internationalen Bemühungen zum Polizeiaufbau in Afghanistan übte der frühere UN-Sondergesandte für Afghanistan, Tom Koenigs: Die Mission sei "schief gelaufen". Die internationale Gemeinschaft sei völlig unvorbereitet gewesen, "es gab kein Blueprint". Insbesondere bemängelte Koenig, dass beim Aufbau der nationalen Polizei auf frühere Kräfte zurückgegriffen worden sei; man hätte vollkommen neu aufbauen sollen. Außerdem müsse dringend dafür gesorgt werden, dass die Gehälter der afghanischen Polizisten erhöht werden. Notwendig seien ein "integriertes und abgestimmtes Konzept" und ein "hohes finanzielles Engagement" der Weltgemeinschaft, um in fünf bis zehn Jahren eine funktionierende nationale Polizei zu haben. Dazu gehöre zum Beispiel die "drastische Erhöhung" der Zahl der Ausbilder und Mentoren für die Polizei im Land.
Für eine Erhöhung des Personalbestandes sprach sich auch Peter Horst (zurzeit EUPOL) aus. Die zurzeit für EUPOL tätigen 234 internationalen Kollegen - davon 42 Deutsche - müssten wie im Mandat vorgesehen verstärkt und die Zahl auf 400 angehoben werden. Einig waren sich die Sachverständigen in ihrer Empfehlung, am Prinzip der Freiwilligkeit bei der Teilnahme an Auslandseinsätzen festzuhalten. "Die hohe internationale Anerkennung der Arbeit deutscher Polizeikräfte ist auch auf den Freiwilligkeitsgrundsatz zurückzuführen", betonte etwa Dieter Wehe, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Internationale Polizeimissionen. Wehe lobte ferner die Zusammenarbeit zwischen Bundespolizei, Bundeskriminalamt und den Landespolizeien. "Der Einsatz deutscher Kräfte im Ausland ist eine gemeinsame Aufgabe", sagte auch Radek.
Grundlage der Öffentlichen Anhörung waren Anträge der FDP-Fraktion ( 16/3648), der Linksfraktion ( 16/3421) und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 16/6931) zur zivilen EU-Polizeimission (EUPOL) und zu rechtlichen Fragen in diesem Zusammenhang.
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