Nach der Wahl ist vor der Wahl. Kaum waren die Stimmzettel in den Rathäusern ausgezählt, steckten die Matadore das Feld für den nächsten Urnengang ab, bei dem die Saarländer einen neuen Landtag bestimmen. Angesichts des klaren CDU-Siegs bei den Gemeinderats- und Kreistagswahlen verspürt Ministerpräsident Peter Müller "Rückenwind" für den 5. September, der Unions-Fraktionsvorsitzende Peter Hans meint, die Generalprobe sei "sehr gut gelungen". Indes verfehlte die Union auf kommunaler Ebene die absolute Mehrheit. Und so urteilt denn Oppositionsführer Heiko Maas trotz der herben SPD-Verluste, dass die Landtagswahl "überhaupt noch nicht gelaufen ist". Auch für die CDU wüchsen "die Bäume nicht in den Himmel". SPD-Ergebnisse von 36 bis 37 Prozent wie jetzt an der Saar erreiche die Partei andernorts in der Republik zurzeit nicht. Allerdings scheint die Rückeroberung der Macht im Land für die SPD nicht unbedingt in Reichweite zu liegen.
Spannend machen den 5. September vor allem die Grünen und die FDP, die bislang im Landesparlament nicht vertreten sind: Die beiden kleinen Parteien erzielten in vielen Rathäusern Zuwächse, das Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde am 5. September liegt im Bereich des Möglichen. Bei vier Fraktionen wäre die jetzige Mandatsmehrheit für Peter Müller in ernster Gefahr. Im Stadtrat von Saarbrücken ist die CDU, die in der Hauptstadt fast fünf Prozent verlor, schon mal auf eine Koalition mit der FDP angewiesen.
Bei den Gemeinderatswahlen erzielte die Union landesweit 45,7 Prozent (minus 0,1 Prozent gegenüber 1999). Die SPD fiel schmerzlich um fünf Punkte auf 37,3 Prozent. Die Grünen und die FDP blieben mit 4,8 und mit 3,9 Prozent trotz Zugewinnen knapp unter fünf Prozent. Bei den Kreistagswahlen verbesserte sich die CDU um 0,9 Prozent auf 47 Prozent, die SPD büßte 7,1 Prozent ein und landete bei nur noch 36 Prozent, die Grünen schafften 5,8 Prozent, die FDP verbuchte 4,3 Prozent. Die Wahlbeteiligung bei beiden Urnengängen sank um drei Prozent auf rund 56 Prozent.
In 33 der 52 saarländischen Kommunen erhöhte die Union ihren Stimmenanteil, doch ausgerechnet in Saarbrücken verlor die Union 4,6 Prozent und landete bei 37,9 Prozent. Die SPD verzeichnete in der Hauptstadt ein Minus von mehr als sechs Prozent und fuhr bescheidene 33,5 Prozent ein. Erfolgreich waren die Grünen mit 9,4 und die FDP mit 5,8 Prozent. CDU und FDP haben im Stadtrat nun einen Vorsprung von einem Mandat. Diese knappen Mehrheitsverhältnisse machen den Ausgang der OB-Wahl am 5. September ungewiss und spannend: Das Rennen wird sich zwischen Regierungs-Staatssekretär Josef Hecken (CDU) und der Saarbrücker SPD-Sozialdezernentin Charlotte Britz entscheiden. Die Neuwahl wurde nötig, weil SPD-OB Hajo Hoffmann nach einer Verurteilung wegen Untreue seinen Rücktritt erklärt hatte. Interimistisch führt der grüne Bürgermeister Kajo Breuer, der am 5. September ebenfalls antritt, die Geschäfte an der Rathausspitze.
Im Saarbrücker Stadt-Umland-Verband ist die Union mit 42,6 Prozent vertreten (minus 2,3 Prozent), die SPD musste mit 34,3 Prozent einen Verlust um 7,7 Prozent hinnehmen, die Grünen (7,2 Prozent) und die FDP (5,2 Prozent) übersprangen die Fünf-Prozent-Hürde. In der Landeshauptstadt und in der Saarbrücker Großregion haben die Wähler also bereits vier Parteien in die Parlamente geschickt. Unwägbar machen den Ausgang der Landtagswahl auch die beachtlichen Stimmanteile kleinerer Parteien, die in der Hauptstadt und in deren Umland zusammen mehr als zehn Prozent erreichten. Freie Wählervereinigungen zogen in mehrere saarländische Gemeinderäte ein, im Püttlinger Lokalparlament sitzt die DKP, im Saar-Pfalz-Kreistag die Familienpartei. Und im Völklinger Stadtrat ist jetzt die NPD mit 9,6 Prozent präsent - eine Zäsur für das Saarland, wo Rechtsextremisten bislang keine Chance hatten.
In der "heimlichen Hauptstadt" Saarlouis überrundete beim ersten Durchgang der OB-Wahl SPD-Kandidat Roland Henz (42,6 Prozent) CDU-Amtsinhaber Hans-Joachim Fontaine (41,2 Prozent) knapp. Angesichts des hohen Stimmenanteils des grünen Bewerbers in der ersten Runde hat Gewerkschafter Henz bei der Stichwahl am 27. Juni gute Siegchancen: Das wäre Balsam auf die Wunden der SPD - mal wieder eine symbolträchtige Wahl gewinnen.
Unentschieden endete die Kür von vier Landräten. In zwei Kreisen kommt es zu Stichwahlen zwischen den SPD- und CDU-Kandidaten. Im Saar-Pfalz-Kreis setzte sich SPD-Amtsinhaber Clemens Lindemann durch. In Merzig-Wadern eroberte Wirtschafts-Staatssekretärin Daniela Schlegel-Friedrich das Landratsamt wieder für die Union: Sie ist nun mit 37 Jahren Deutschlands jüngste Landrätin.