Recht. Der Bundestag hat am 18. Juni mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Voten der Opposition einen Gesetzentwurf der Bundesregierung ( 15/2887, 15/2945) gebilligt, der es ermöglicht, die Sicherungsverwahrung von gefährlichen Straftätern auch nachträglich anordnen zu können. Der Rechtsausschuss hatte eine entsprechende Beschlussempfehlung ( 15/3346) vorgelegt.
Die SPD hatte erklärt, sie wolle damit dem Sicherheitsbedürfnis breiter Kreise der Öffentlichkeit Rechnung tragen. Sie machte aber deutlich, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG), nach der es auch eine nachträgliche Sicherungsverwahrung für höchst gefährliche Straftäter geben kann, habe ihr in dieser Hinsicht keine Wahl gelassen habe. Der SPD-Vertreter wies darauf hin, dass "es manchem in meiner Fraktion nicht leicht fällt, diese Entscheidung zu treffen".
Man habe aber erreichen können, dass eine nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen Verbrechen etwa gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung voraussetzt. Die Anhörung zu diesem Thema habe entscheidende Hinweise erbracht, dass es "höchste Anforderungen" an das Verfahren zur Unterbringung in der Sicherungsverwahrung geben müsse. Man könne dies nicht einer Strafvollstreckungskammer überlassen.
Bündnis 90/Die Grünen machten deutlich, sie seien ursprünglich gegen die nachträgliche Sicherungsverwahrung gewesen. Es sei ein Weg gefunden worden, um den berechtigten Interessen der Betroffenen, aber auch der Öffentlichkeit Rechnung zu tragen. Sie betonten wie die SPD, dass das Urteil des BVerfG ein Faktum geschaffen habe, dem es sich zu stellen gelte. Man stimme deshalb "schweren Herzens" den in dem Gesetzentwurf gefundenen Vorschlägen zu.
Die CDU/CSU erklärte, sie sei von vornherein ein Anhänger der nachträglichen Sicherungsverwahrung aus Gründen des Schutzes der Bevölkerung vor hochgefährlichen Straftätern gewesen. Das Urteil des BVerfG habe dieser Auffassung Recht gegeben und damit einer schon vier Jahre dauernden Auseinandersetzung einen Druck verliehen, dem sich alle Beteiligten nicht entziehen konnten.
Das, was jetzt mit dem Regierungsentwurf vorliege, entspreche "zu 80 Prozent den Vorstellungen der Union". Allerdings könne man sich nicht damit einverstanden erklären, dass die Mindestfreiheitsstrafe auf fünf Jahre festgelegt worden sei und Delikte wie beispielsweise Menschenhandel von der Regelung für eine Sicherheitsverwahrung ausgenommen worden seien.
Nach Auffassung der FDP verstößt der Gesetzentwurf gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Ein Scheitern sei nach den berechtigten Aussagen in der Sachverständigenanhörung prognostizierbar. Sicherungsverwahrung sei das "wahre lebenslänglich". In keinem Land des europäischen Rechtskreises gebe es eine ähnliche Regelung.
Die Bundesregierung widersprach dieser Darstellung. Die Europäische Menschenrechtskonvention kollidiere nicht mit dem Gesetz zur nachträglichen Sicherungsverwahrung. Die Prognosen bestimmter Sachverständiger bei der Anhörung seien "etwas kühn" gewesen.
Ein Gesetzentwurf der CDU/CSU ( 15/2576) wurde am 16. Juni im Plenum mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt. Ein Gesetzentwurf des Bundesrates ( 15/3146) fand gegen die Voten der Koalitionsfraktionen und der FDP bei Enthaltung der CDU/CSU ebenfalls keine Befürworter.