Familie. Gegen die Stimmen der Opposition hat der Bundestag am 18. Juni einen Gesetzentwurf der FDP-Fraktion ( 15/473) abgelehnt, in dem die Liberalen die Einrichtung einer Stiftung gefordert hatten. Diese sollte nach dem Berliner Arzt und Sexualwissenschaftler Dr. Magnus Hirschfeld (1868 bis 1935) benannt werden. Der Ausschuss hatte dazu eine Beschlussempfehlung ( 15/3345) vorgelegt.
Durch diese Gründung sollte "im Sinne eines kollektiven Ausgleichs das von den Nationalsozialisten an den Homosexuellen verübte Unrecht anerkannt und die homosexuelle Bürger- und Menschenarbeit gefördert werden". Die Stiftung sollte demnach homosexuelles Leben wissenschaftlich erforschen und darstellen, die nationalsozialistische Verfolgung Homosexueller in Erinnerung halten, durch Öffentlichkeitsarbeit einer gesellschaftlichen Diskriminierung homosexueller Männer und Frauen in Deutschland entgegenwirken, Menschenrechtsarbeit im Ausland unterstützen und das Gedenken an Leben und Werk Magnus Hirschfelds pflegen.
Die SPD erinnerte daran, dass ein Gesetzentwurf der Koalition in der vergangenen Wahlperiode von CDU/CSU und FDP nicht mitgetragen worden sei, obgleich der nun vorgelegte Gesetzentwurf der FDP hiermit fast wortgleich sei. Mit der Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat sei der damalige Gesetzentwurf der Diskontinuität anheim gefallen. Inhaltlich, so die Sozialdemokraten weiter, unterstütze die Fraktion nach wie vor das Anliegen des Entwurfs. Die Bundesregierung habe bereits zahlreiche Maßnahmen zum Ausgleich nationalsozialistischen Unrechts getroffen. Derzeit erlaube indes die finanzpolitische Situation die Finanzierung einer Stiftung, wie sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf angestrebt werde, nicht.
Die CDU/CSU wies darauf hin, eine Einigung in der vergangenen Wahlperiode sei wegen des Streits um die Zusammensetzung des Kuratoriums und um die Stärke der im Kuratorium vertretenen Verbände nicht zu Stande gekommen. Ein Änderungsantrag der Union habe zum Ziel, diejenige Stiftung in das Kuratorium mit einzubeziehen, die schon am längsten mit der Thematik befasst sei. Die Regierung plane offenbar nicht, die Finanzmittel für die Errichtung der Stiftung bereit zu stellen. Die Haltung der Koalition sei nicht nachvollziehbar.
Bündnis 90/Die Grünen erklärten ebenso wie die SPD, inhaltlich sei man sich einig. Aber finanziell gebe es für diesen Gesetzentwurf zur Zeit keine Grundlage. Dies schmälere allerdings nicht die Bedeutung des Themas der nationalsozialistischen Verfolgung Homosexueller.
Die FDP bedauerte, dass eine Einigung nicht gelungen sei. Im Grundsatz bestehe Einigkeit zwischen den Fraktionen. Die aus der Knappheit der finanziellen Mittel resultierende grundsätzliche Absage der Koalition an die Errichtung der Stiftung sei nicht nachvollziehbar.