Berlin gibt, ganz im olympischen Sinne, nicht auf. Zwar hat es mit der Olympiabewerbung Anfang der 90er-Jahre nicht geklappt, doch nun bewirbt sich das Land wieder um die Austragung eines sportlichen Großereignisses: die Leichtathletik-Weltmeisterschaft im Jahr 2009. Eine wichtige Bedingung dafür ist erfüllt: Bei strahlendem Sonnenschein konnten Sportbegeisterte am 30. Juni dabei sein, als der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD), den goldenen symbolischen Schlüssel für das umgebaute Olympiastadion erhielt und bemerkte: "Er ist etwas klein für dieses Stadion." Anlass war das Eintreffen der olympischen Flamme in der Hauptstadt, 68 Jahre nach den Spielen von 1936.
In vier Jahren Bauzeit wurde die Arena für 242 Millionen Euro grundsaniert. Künftig bietet sie 75.000 Zuschauern Platz, die Sitzplätze sind jetzt komplett überdacht. Noch fehlt jedoch die besondere Tartan-Bahn, Farbe: blau. Die offizielle Eröffnung wird Ende Juli gefeiert mit einem Popkonzert. Und der erste richtige Härtetest steht in zwei Jahren bevor, wenn das Endspiel der Fußball-WM hier ausgetragen wird.
Den Anwesenden, darunter Bundesinnenminister Otto Schily, der Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB) Manfred von Richthofen und die Bürgermeisterin von Athen, Dora Bakoyannis, war die Freude anzusehen. Klaus Wowereit vergaß dennoch nicht darauf hinzuweisen, dass die Geschichte des Stadions auch eng mit der des Nationalsozialsmus verbunden ist. Er appellierte an die Gäste: "Olympia als Zeichen der Völkerverständigung ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je. Wir brauchen eine olympische Bewegung." An die Bürgermeisterin Athens gerichtet zeigte er sich überzeugt: "Es werden wunderbare Spiele sein."
Ähnlich euphorisch gab sich auch Otto Schily, der in seinen zahlreichen Dankesworten die "Kollegen Bauleute" nicht vergaß, ohne die es den Umbau nicht gegeben hätte und die es "nicht besser hätten machen können". Und als Balsam für die derzeit sehr in der Kritik stehende Regierung, der er selber angehört, fügte Schily hinzu: "Ich muss aber auch die Bundesregierung loben, die ja das meiste Geld gegeben hat. Das muss man auch mal sagen." Gleich mehrmals betonte er, "dass heute ein schöner Tag" sei und es sich bei der Arena um "eines der schönsten Stadien Deutschlands" handele. Von dieser Euphorie angesteckt, zündete ein Träger der olympische Flamme die Schale des Stadions aus Versehen schon während der Reden an - zur Belustigung der Gäste.
Am Ende der Zeremonie wurde sie noch einmal - ganz korrekt - von der Ruderin Kathrin Boron entzündet, die auch die erste Läuferin auf dem 50 Kilometer langen Weg durch die Hauptstadt war. Zehntausende säumten die Straßen, um die 132 Läufer, darunter Sportler wie die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein und Ex-Boxprofi Henry Maske, zu begrüßen. Jeder von ihnen legte 400 Meter zurück. Im Vergleich zu anderen Ländern, durch die das Olympische Feuer auf seinem ersten weltumspannenden Weg getragen wurde, wirkte die Begeisterung hier jedoch nicht ganz so enthusiastisch. In Brasilien waren es Hunderttausende gewesen, die dem Fußballidol Pele zugejubelt hatten.
Schlussläufer auf der letzten Etappe bis zum Pariser Platz am Brandenburger Tor war der deutsche Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach. Am nächsten Tag ging die Reise der Flamme nach Stockholm weiter. Am 13. August wird der Fackellauf in Athen enden, bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele. Im Hain des antiken Olympia war das symbolträchtige Feuer am 25. März entzündet worden, bevor es am 4. Juni auf seine Weltreise durch die Olympiastädte der Neuzeit ging.