Über sprachliche Absurditäten in Gesetzen und Verordnungen kann sich Ole Schröder richtig aufregen. Bei der Bundeswehrverwaltung erfuhr der CDU-Politiker, dass "der Tod aus versorgungsrechtlicher Sicht die stärkste Form der Dienstunfähigkeit darstellt". Formulierungen wie "die einmalige Zahlung für jeden Berechtigten wird nur einmal gezahlt" sind ihm ein Graus. Der "Gipfel der Unverständlichkeit" war für ihn zum Teil die Gesetzesformulierung von Hartz IV. Dabei geht es nicht nur um linguistische Vorlieben: "Unverständliche Sprache in Gesetzen und Verordnungen führt zu einem Vertrauensverlust zwischen Bürgern und Politik. Was nicht verstanden wird, wird nicht nachvollzogen." Außerdem koste so etwas auch mehr Geld als nötig. "Wenn die Gesetzesanwender immer länger brauchen, um Gesetze umzusetzen und auch Experten nicht mehr verstehen, was formuliert wird, führt das zu Mehrkosten, weil mehr nachgefragt wird."
Der gebürtige Hamburger beackert aktuell als Sprachpolitiker ein Politikfeld, das in der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen wird. Auf einem Symposion im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin erläuterte er vor wenigen Tagen, wie eine verständliche Sprache in Gesetzen und Verordnungen zum Bürokratieabbau beitragen kann. Den 35-Jährigen mit der jungenhaften Ausstrahlung ärgern schlampig formulierte Gesetzestexte. Und davon liest der Jurist immer mehr. Ole Schröder weiß, dass diese Fehlentwicklungen auch das Ergebnis eines strengen Zeitdiktats für Abgeordnete sind. Für ihn ist das jedoch keine Entschuldigung - er findet, mit mehr Zeit, Gründlichkeit und vor allem mehr Sprachsensibilität könnte das Problem gelöst werden.
Das unverständliche Amtsdeutsch will er auch beim Bundestagsausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung oben auf der Tagesordnung sehen. Dort ist er Mitglied, kümmert sich also um das "Binnenrecht des Parlamentes", damit sowohl Minderheit als auch Mehrheit zu ihrem Recht kommen. Viele unverständliche Gesetzesformulierungen kämen nicht aus den Ministerien, sondern von den Abgeordneten, so Schröder. Seine Idealvorstellung ist eine Art "Sprach-TÜV" nach Schweizer Vorbild. Beim europäischen Nachbarn arbeiten Juristen und Germanisten gemeinsam an verständlichen Gesetzen. "Wir müssen sehen, dass wir im Rahmen der Geschäftsordnung ein Instrument dafür finden, dass die Verständlichkeitsprüfung nicht ständig zu kurz kommt, sondern in den Mittelpunkt gerückt wird."
Dem Norddeutschen ist die Sprachsensibilität wohl schon in die Wiege gelegt worden. Ole Schröder ist in Rellingen bei Hamburg aufgewachsen und studierte in der norddeutschen Metropole nach dem Wehrdienst Jura. An der University of Stellenbosch in Südafrika machte er 1998 einen Abschluss als Master of Laws. Anschließend schrieb er an der Universität Hamburg eine Doktorarbeit über internationales Vertriebsrecht.
Seit 2002 sitzt er im Deutschen Bundestag. Als einer von acht Unionsabgeordneten aus Schleswig-Holstein leitet er stellvertretend die Landesgruppe, die häufig spezielle Anliegen des nördlichsten Bundeslandes bespricht, etwa die Verschlickung der Häfen an der Elbe. Auch deshalb findet er es wichtig, dass sich die Arbeitsgemeinschaft Elbe auch in der 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages wieder konstituiert hat. Die Region müsse als Wirtschafts- und Kulturraum gefördert werden.
Als Haushaltspolitiker gehört Schröder einem machtvollen Gremium an - schließlich kann die Regierung ihre Projekte nur dann umsetzen, wenn der Bundestag ihr auch Geld dafür zur Verfügung stellt. Neben dem Einzelplan Justiz ist Schröder für den Einzelplan Familie zuständig. Haushaltspolitik sei von der Fachpolitik nicht zu trennen, sagt der Parlamentarier. So arbeitet er mit an der Bündelung der familienpolitischen Leistungen, um in der Familienpolitik mit den vorhandenen Mitteln mehr zu erreichen. Er findet alle seine Themen "hochspannend": Bürokratieabbau, Haushaltskonsolidierung und Kontrolle der Ausgaben sowie Sicherung der Arbeitsfähigkeit des Parlamentes. Parlamentarier wie Schröder prüfen gemeinsam mit dem Bundesrechnungshof im Rechnungsprüfungsausschuss, ob das Geld richtig eingesetzt worden ist. Die Devise lautet: korrekte und sparsame Verwendung der Haushaltsmittel. Schröder hat sich die Mitarbeit in diesem Ausschuss gewünscht, denn er will genau sehen, was mit dem Geld der Bürger und Bürgerinnen passiert. "Es darf nicht sein, dass Steuergeld irgendwo versickert."
Für einen jungen Abgeordneten hat Ole Schröder einen beeindruckenden Weg hinter sich, der ohne seinen Studienfreund Christian von Boetticher wohl anders verlaufen wäre. Der saß 2002 im Europäischen Parlament und ist heute der jüngste Minister im schleswig-holsteinischen Kabinett. Er riet Schröder, sich um ein Bundestagsmandat zu bewerben. Als Schröder dann im Innenausschuss arbeitete, kreuzten sich die Wege mit dem Studienfreund, der im Innenausschuss des Europäischen Parlaments saß, auch politisch.
"Wir haben es aufgrund unseres guten Verhältnisses wirklich geschafft, europäische Themen im Bundestag schneller zu problematisieren. In der Vereinbarung zwischen Regierung und Parlament wurde unter anderem beschlossen, dass das Parlament rechtzeitig in europäische Entscheidungsprozesse eingebunden wird - dafür haben wir uns damals schon eingesetzt." Das sagt Ole Schröder ein bisschen stolz, aber ganz ohne Überheblichkeit. Ohnehin spricht er nicht so gern über sich selbst. Da nimmt er sich sehr zurück. Typisch norddeutsch eben.