BILDUNGSBERICHT
Knapp die Hälfte der Augsburger Schüler sind
Migranten. In den Hauptschulen sind es laut des städtischen
Weißbuchs ein Drittel, an manchen aber auch mehr als 50
Prozent. Schwierigkeiten für die Kinder sind da programmiert.
Brigitte Prutzer-Peer kennt die Situation. Als Mitarbeiterin des
Jugendmigrationsdienstes des Augsburger Kolping-Werkes versucht sie
jenen zu helfen, die nicht Fuß fassen können. "Erstmal
ein richtiger Sprachkurs für Jugendliche, die neu ankommen,
dann verstehen die auch Mathe und Bio besser" - so kann ihrer
Meinung nach ein Weg für bessere Schulkarrieren von Migranten
aussehen.
Mehr Forschung
Die Bundesregierung will ganz besonders junge Migranten
fördern, heißt es in ihrer Stellungnahme zum Nationalen
Bildungsbericht (
16/4100 ). Über 40 Prozent von ihnen
könnten schlecht lesen. Insbesondere, wenn sie eine Ausbildung
machen wollen, hätten die Jugendlichen schlechte Chancen,
diagnostiziert der Bericht. Ein Teil der Maßnahmen sei die
Weiterentwicklung der Jugendmigrationsdienste (JMDs), denn sie
befänden sich "an der Nahtstelle zwischen Schule und Beruf".
Seit 2004 gibt es sie, rund 360 sind es. 2006 wurden sie mit 35
Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln gefördert. Zu den
weiterentwickelten Jugendmigrationsdiensten sollten Modellprojekte
für Arbeit mit Eltern und Freiwilligendienste kommen. In der
Berufsberatung und -orientierung hätten sowohl die
Jugendlichen als auch ihre Eltern einen hohen Bedarf. Noch 2006
habe die Bundesagentur für Arbeit außerdem 5.000
zusätzliche außerbetriebliche Ausbildungsplätze
gefördert, die besonders jungen Migranten geholfen
hätten. Insgesamt will die Bundesregierung Maßnahmen der
Länder begleiten, die darauf abzielen, Kindern aus sozial
schwachen Familien eine bessere Schul- und Berufsbildung zu
vermitteln. Bildungsforschung müsse verstärkt werden, so
die Regierung.
Mehr Geld könnte auch in Augsburg
helfen. Drei Mitarbeiter teilten sich zwei volle Stellen, sagt
Prutzer-Peer. 250 bis 300 Jugendliche betreuten sie pro Jahr. "Die
meisten sind 16 oder 17, schon ein bis drei Jahre hier, haben ihren
Schulabschluss nicht geschafft und wissen nicht, was sie tun
sollen." Neben der Sprache sei es auch die Hilflosigkeit der
Eltern, die den Kindern das Leben erschwere. "Die müssen viel
arbeiten und haben kaum Zeit, sich um sich selbst zu kümmern.
Sie wissen oft nicht, wie sie die Kinder unterstützen
können." Initiativen, die Eltern einbeziehen, gebe es in
Augsburg bereits, zum Beispiel das "Stadtteilmütterprojekt",
mit dem erwachsene Migrantinnen eingebunden werden. All das sei
gut, "aber es dauert halt, bis es wirkt".
Für mehr Sprachunterricht plädiert
auch Doris Nahawandi, Beauftragte für Migration und
Integration im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Die
Migrantenkinder ihres Stadtteils seien meist dort geboren,
sprächen und schrieben aber trotzdem schlecht deutsch. "Es
müsste flächendeckend Unterricht für Deutsch als
Fremdsprache geben. Das Schulsystem richtet sich noch zu sehr an
Muttersprachler", lautet ihre These. Doch an den schlechten
Kenntnissen der jungen Menschen alleine liege es nicht: "Viele
Arbeitgeber stellen sie wegen ihrer Herkunft nicht ein."
KOMPAKT
- Armut In Bremen, Berlin und Hamburg ist
für Kinder das Risiko, in relativer Armut zu leben, am
größten. Auch in den ostdeutschen Bundesländern
verfügen viele Familien nur über ein niedriges
Einkommen.
- Geburtsgewicht In Rheinland-Pfalz, Bremen und
im Saarland der Anteil von Kindern mit weniger als fünf Pfund
Geburtsgewicht am größten. Der Indikator lässt
Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der Mütter
zu.
- Teenager-Schwangerschaften Mit etwa 15 bis 17
Schwangeren pro 1.000 Mädchen sind die Zahlen in Berlin,
Bremen und Hamburg besonders hoch.