Carl Spitzweg bannte ihn 1839 in Öl auf
Leinwand: den armen Poeten. In einer engen Dachkammer ringt er
frierend auf einer Matratze unter der Bettdecke liegend mit seinen
Versen. Der Bollerofen in der Ecke wird mit alten Zeitungen statt
mit Holz oder Kohlen befeuert, ein Regenschirm schützt den
verarmten Dichter notdürftig vor dem durch das undichte Dach
eindringenden Wasser. Der Künstler als Sozialfall.
Doch was dem Betrachter des bekannten
Spitzweg-Gemäldes meist ein Schmunzeln auf das Gesicht
zaubert, ist für viele freischaffende Künstler in
Deutschland traurige Realität. Immerhin sorgt seit 1983 die
Künstlersozialkasse (KSK) dafür, dass freischaffende
Künstler und Publizisten in einem vergleichbaren Maß von
den Segnungen des deutschen Sozialstaates profitieren wie etwa
Angestellte.
Kulturpolitische Errungenschaft
Die KSK fungiert dabei jedoch nicht als Leistungsträger,
sondern bezuschusst die Beiträge ihrer Mitglieder zur
Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung. Analog zu Angestellten
muss der KSK-Versicherte dabei die Hälfte der anfallenden
Beitäge aus der eigenen Tasche zahlen, 20 Prozent werden durch
Zuschüsse des Bundes gedeckt, die übrigen 30 Prozent
durch die Künstlersozialabgabe jener Unternehmen, die die
Leistungen von freiberuflichen Künstlern und Publizisten in
Anspruch nehmen. Grundlage für die Berechnung dieser Abgabe
sind die gezahlten Honorare, der Prozentsatz - derzeit liegt er bei
5,1 Prozent - wird jährlich vom Bundesministerium für
Arbeit und Soziales festgelegt.
Das Gesetz über die KSK gilt als eine
anerkannte sozial- und kulturpolitischen Errungenschaft. Ohne die
KSK stünde der Großteil der freischaffenden
Künstler völlig ohne soziale Absicherung dar - schlicht,
weil sie sich die Beiträge nicht leisten könnten. So
liegt das jährliche Durchschnittseinkommen der
KSK-Versicherten derzeit bei rund 11.000 Euro. Doch die KSK ist in
die Jahre gekommen, sprich: Sie ist längst an die Grenzen
ihrer Finanzierbarkeit gestoßen. Waren bei ihrer
Gründung gerade mal 12.000 freischaffende Künstler
über die KSK versichert, sind es heute rund 150.000.
Ursprünglich hatte man damit gerechnet, dass sich die Zahl der
Versicherten auf maximal 40.000 erhöhen würde.
Doch die konjunkturelle Lage und vor allem
die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt haben die Zahl der
KSK-Versicherten in den letzten Jahren sprunghaft ansteigen lassen.
Die Unternehmen in der Kultur- und Medienwirtschaft haben
kontinuierlich die Zahl ihrer Angestellten abgebaut - auch um die
Beiträge zu den Sozialversicherungen einzusparen - und
vergeben Aufträge zunehmend an freie Mitarbeiter.
In ihren Koalitionsverhandlungen im November
2005 hatten sich Union und SPD deshalb darauf geeinigt, die
Künstlersozialkasse wieder auf sichere Füße zu
stellen. Der Bundestag wird am 1. März nun erstmals über
den vom Bundeskabinett am 13. Dezember vergangenen Jahres
verabschiedeten Gesetzentwurf debattieren. Der sieht sieht im Kern
strengere Kontrollen darüber vor, welche Künstler sich
überhaupt über die KSK versichern dürfen.
Derzeit muss ein Künstler ein
durchschnittliches Jahreseinkommen von mindestens 3.900 Euro
vorweisen. Zukünftig sollen jährlich die
Einkommensverhältnisse von mindestens fünf Prozent aller
Versicherten überprüft werden. Sie sollen verpflichtet
werden, der KSK ihre tatsächlichen Einkommen der vergangenen
vier Jahre durch Vorlage ihrer Einkommensteuerbescheide oder
entprechender Gewinn- und Verlustrechnungen offen zu legen.
Überprüfung der
Unternehmen
Auch die zur Zahlung der Künstlersozialabgabe
verpflichteten Unternehmen sollen stärker kontrolliert und vor
allem vollständig erfasst werden. Um dies zu
gewährleisten, sollen etwa 280.000 Unternehmen durch die
Deutsche Rentenversicherung auf ihre Abgabepflicht
überprüft werden. Bislang lag dies in der Hand der KSK,
doch deren Personal reicht dafür bei weitem nicht aus. Bei
Verstößen gegen die Abgabepflicht drohen nach dem Willen
des Kabinetts deutlich höhere Strafen - bis zu 50.000 statt
5.000 Euro.
Die Bundesregierung hofft, dass das Gesetz
noch vor der Sommerpause verabschiedet werden kann.