TOURISMUS
Für Deutschland als Reiseziel war 2006 ein Rekordjahr. Die Fußball-WM trägt Früchte.
Mit 2006 sind alle zufrieden. Anders als vor sieben Jahren, als die Expo 2000 aus Deutschland einen Touristenmagneten machen sollte und nicht mehr als ein Strohfeuer he-rauskam. Die Fußball-WM hat den deutschen Tourismusanbietern ein Rekordjahr beschert. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hat sich bei Franz Beckenbauer auch schon bedankt.
Die Internationale Tourismus-Börse hat die Größen der Branche aus der ganzen Welt in der vergangenen Woche in Berlin zusammengeführt, und vor den Mitgliedern des Bundestagsausschusses für Tourismus präsentierte Petra Hedorfer, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT), stolz die Zahlen: mehr als 4,7 Millionen zusätzliche Übernachtungen aus dem Ausland und ein Wachstum gegenüber dem Vorjahr von zehn Prozent, sowohl bei den Übernachtungen als auch bei den Gästeankünften. Das ist zwar auch auf die WM zurückzuführen, aber eben nicht nur. Denn, so Hedorfer: "Die WM wird nachhaltig wirken. Deutschland ist hervorragend positioniert, was sein Image angeht."
Um 17 Prozent haben die Geschäftsreisen nach Deutschland zugelegt. Bei den kurzen Urlaubsreisen wird ein Plus von elf Prozent, bei den längeren Urlaubsreisen nach Deutschland von drei Prozent gemeldet. Profitiert haben nach Angaben Hedorfers vor allem die Großstädte mit 12,7 Prozent mehr ausländischen Gästen. An erster Stelle steht Berlin mit knapp sechs Millionen Übernachtungen ausländischer Gäste, gefolgt von München mit 4,2 Millionen und Frankfurt mit 2,5 Millionen.
Die meisten Urlauber aus dem Ausland kommen nach wie vor aus den Niederlanden mit 8,8 Millionen Übernachtungen, gefolgt von den USA mit 4,7 Millionen und Großbritannien mit 4,5 Millionen. Die Übernachtungszahl der Gäste von der Insel ist 2006 um 14 Prozent gestiegen. Die DZT will diese Zahlen in diesem Jahr halten, was ein ehrgeiziges Ziel ist.
Dabei wollen die Werber für das Reiseland Deutschland vor allem auf den Kulturtourismus setzen. Nach einer Untersuchung des Weltwirtschaftsforums belegt Deutschland nach der Schweiz und Österreich den dritten Platz unter den weltweit attraktivsten Tourismusstandorten.
Lob für diese Bilanz gab es im Tourismusausschuss auch von Francesco Frangialli, dem Generalsekretär der Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen (UNWTO), in deren Exekutivrat Deutschland jetzt auch vertreten ist. Den Aufschwung des weltweiten Tourismus und die damit verbundenen Gefahren für die Umwelt haben die Abgeordneten am 9. März mit Frangialli erörtert.
Nach Angaben des Generalsekretärs gab es 2006 international rund 842 Millionen Ankünfte, bei denen mindestens eine Nacht in einem anderen Land verbracht wurde. Auf die letzten drei Jahre bezogen bedeutet dies ein Plus von 20 Prozent. Für 2007 rechnet Frangialli mit einem Wachstum bei den weltweiten Ankünften von vier Prozent. Nach Schätzungen der UNWTO wird es im Jahr 2010 rund 1,1 Milliarden und im Jahr 2020 1,6 internationale Ankünfte geben.
Frangialli warb für das Vorhaben der UNWTO, so genannte Satellitenkonten einzurichten, um die Wirkungen des Tourismus besser messen zu können. Da Touristen ihr Geld in vielen Bereichen ausgeben, sei es schwer, die Geldströme nachzuvollziehen. Derzeit würden auf Initiative der UNWTO solche Konten in 60 Ländern eingerichtet, unter Mithilfe der EU-Statistikbehörde Eurostat und anderer Organisationen. Es gehe aber nicht nur darum, die Auswirkungen des Tourismus zu messen, sondern auch seine Bedeutung bewusst zu machen. "Ich ermutige Deutschland, auch diese Satellitenkonten einzurichten", sagte Frangialli. Was den Klimawandel angeht, so befürwortet er eine Einbeziehung des vom Flugverkehr verursachten Schadstoffausstoßes in den Emissionshandel der EU. Dies würde sich voraussichtlich kaum auf den Ticketpreis auswirken. Zugleich könnte eine solche Initiative aber dazu führen, dass künftig schadstoffärmere Flugzeuge gebaut werden.
Auf die Frage, ob er sich dieses Vorgehen weltweit oder auf die EU bezogen vorstellt, sagte Frangialli, dass Flugzeuge aus Nicht-EU-Ländern, die in der EU landen oder die EU überfliegen, in den Emissionshandel einbezogen werden können. Wilhelm Bender, Vorstandsvorsitzender der Fraport AG, die den Frankfurter Flughafen betreibt, sagte dem Ausschuss, er sei bereit, über emissionsabhängige Landeentgelte zu diskutieren, wenn diese aufkommensneutral seien. Der Beitrag der Luftfahrt zum Schadstoffausstoß liege aber nur bei drei Prozent.
Fraport ist größter Arbeitgeber in Hessen und kämpft um den Ausbau der vierten Landebahn. Bender: "Wir sind für Mindestlöhne. Es gibt bei uns keinen Arbeitsplatz, der nicht tarifgebunden ist."