GALILEO
Nach dem Rückzug der Industrie muss die EU nach anderen Lösungen für das neue Satellitennavigationssystem suchen
Für EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot
ist die Sache klar: " Die wirtschaftlichen Vorteile von Galileo
sind um ein Vielfaches höher als die Systemkosten." Die
Industrie, die den Löwenanteil der "Systemkosten" tragen soll,
hat der Kommissar allerdings nicht überzeugt. Am vergangenen
Donnerstag ließen die acht Firmen des Konsortiums, das
Galileo betreiben soll, den von der Kommission gesetzten Termin
verstreichen - bis dahin sollten sie der EU ein Angebot zur
Kos
tenübernahme unterbreiten.
Damit ist der vom Ministerrat beschlossene Finanzierungsplan für das europäische Satellitennavigationssystem gescheitert. Er sah vor, dass die Entwicklung des Systems aus dem Haushalt der EU und der europäischen Raumfahrtagentur ESA bestritten wird. Die dafür veranschlagten 1,5 Milliarden Euro sind bereits weitgehend ausgegeben. Die Industrie sollte die mehr als 30 Satelliten danach für rund zwei Milliarden Euro ins All befördern und betreiben. Im Gegenzug durfte das Betreiberkonsortium das Galileo-Signal 20 Jahre lang vermarkten. Das soll wesentlich genauer sein als die heutige Satelliten-Navigation und zusätzliche Möglichkeiten bieten. Die beteiligten Firmen fürchten aber, dass sie angesichts der kostenlosen Konkurrenz des amerikanischen Navigationssys-
tems GPS nicht genug zahlende Kunden finden.
Den Managern der High-Tech-Konzerne ist das allerdings erst spät eingefallen. Bis vor zwei Jahren rissen sich noch zwei konkurrierende Konsortien um den Auftrag, Galileo betreiben zu dürfen. Die interessierten Mitgliedstaaten fürchteten jedoch, bei der Auswahl eines Konsortiums leer auszugehen. Im Frühjahr 2005 verständigten sie sich unter deutscher und französischer Führung darauf, aus den beiden konkurrierenden Konsortien ein Monopol mit amtlichem Segen zu machen. Die Manager der beteiligten Firmen versprachen, sich über ihren jeweiligen finanziellen Einsatz und ihre Aufgaben beim Aufbau und Betrieb von Galileo zu verständigen. Darauf wartet man in Brüssel bis heute.
Denn die Zeit arbeitet für die Industrie. Mit wachsender Begeisterung verfolgte das Konsortium, wie die ersten Satelliten auf Kosten der Steuerzahler entwickelt und in eine Umlaufbahn befördert wurden. Inzwischen haben die EU und die ESA soviel Geld für Galileo ausgegeben, dass es kein Zurück mehr gibt. "Galileo", sagt Industriekommissar Günter Verheugen, "steht politisch nicht zur Disposition."