GROSSBRITANNIEN
Tony Blair geht. Der Irakkrieg überschattet die Bilanz seiner Amtszeit.
Anfangs mochten sie sich wohl noch. Damals, als der britische Labour-Chef John Smith plötzlich verstorben war, traten Tony Blair und Gordon Brown als Team an, um die Partei zu zähmen und wählbar zu machen. Das war 1994. Im Granita-Restaurant soll es zu einem Pakt zwischen beiden gekommen sein: Blair sollte Premierminister werden, das Amt aber nach fünf, sechs Jahren an Schatzkanzler Brown abtreten.
Doch Blair dachte nicht daran, und seither war das Verhältnis zwischen beiden zerrüttet. Nach einem Mini-Putsch im vergangenen Herbst wurde Blair jedoch klar, dass seine Zeit abgelaufen war. Am Donnerstag gab er das Datum für seinen Rücktritt bekannt: Am 27. Juni ist Schluss. Zuvor möchte er sich noch auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm von seinen Freunden verabschieden, allen voran vom US-Präsidenten George Bush. Der war es, der Blairs Außenpolitik in den letzten Jahren bestimmt hat, und das werfen ihm viele in der eigenen Partei vor.
Der Irakkrieg, die gefälschten Dossiers als Begründung für den Krieg und der Abbau bürgerlicher Freiheiten im Zuge der Terrorismus-Bekämpfung, überschatten seine Amtszeit, in der es durchaus positive Errungenschaften gab: die wachsende Wirtschaft, die niedrige Arbeitslosigkeit, das stabile Pfund. Letzteres hätte er am liebsten durch den Euro ersetzt, doch er scheiterte am Widerstand Browns.
Was in Erinnerung bleibt, sind auch die "Spin Doctors", die jede Nachricht so lange massierten und zurechtbogen, bis sie der Regierung genehm war. "Ich kann ehrlich sagen, dass ich immer getan habe, was ich für richtig hielt", sagte Blair am Donnerstag. "Ob es auch immer richtig war, müsst ihr, das Volk, entscheiden."
Das Volk hat nach zehn Jahren offenbar genug von der Labour Party. Sie liegt nach neuesten Umfragen nur noch bei 29 Prozent -13 Punkte hinter den Tories, die damit so gut stehen wie seit 1992 nicht mehr, als sie zum letzten Mal die Unterhauswahlen gewannen. Für Brown kommt der Wechsel wohl zu spät. Er kann die Amtsübernahme schwerlich als Neuanfang verkaufen, denn er hat sämtliche Entscheidungen der Blair-Regierung mitgetragen. So wird er als einer der am längsten amtierenden - und erfolgreichsten - Schatzkanzler in die Geschichte eingehen, und als einer der am kürzesten amtierenden Premierminister.
Blair hingegen ist gelungen, was vor ihm noch kein Labour-Chef geschafft hatte: Er hat seine Partei drei Mal hintereinander zum Wahlsieg geführt. Das letzte Kapitel der Ära Blair wird aber erst nach seinem Rücktritt geschrieben.