ARBEITSMARKT
Die Koalition feiert sich für den Aufschwung
Aktuelle Stunden im Bundestag sind in den meisten Fällen ein Instrument, das die Opposition nutzt, um die Regierung vorzuführen. Wenn die Koalition eine Aktuelle Stunde beantragt, muss es was zu feiern geben. Die wirtschaftliche Entwicklung und die Lage auf dem Arbeitsmarkt erörterte das Parlament am 10. Mai auf Wunsch von Union und SPD, und die Opposition tat sich schwer, die Jubel-Arien durch Misstöne zu stören. "Selbstbeweihräucherung", schimpfte Rainer Brüderle (FDP), nachdem er sich das Stakkato der Erfolgsmeldungen von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) angehört hatte.
Diese Note gab der Minister der Arbeit der Großen Koalition. 1,1 Millionen Arbeitslose weniger als vor zwei Jahren, einen stabilen Anteil des Binnenmarktes am Wirtschaftswachstum, weniger arbeitslose Hartz-IV-Empfänger. Das Minus ist für Müntefering dadurch verursacht, dass die Zahl der nicht arbeitslosen Hartz-IV-Empfänger gestiegen sei. Ihr Lohn reicht nicht zum Leben, sodass er mit Arbeitslosengeld II aufgestockt wird. Gegen diese Entwicklung gebe es das Mittel des Mindestlohnes, so der Minister. Auch müsse die Ausbildungssituation so gut werden, dass kein Jugendlicher von der Schulbank in die Arbeitslosigkeit entlassen wird.
"Ohne die Mehrwertsteuererhöhung hätten wir noch weniger Arbeitslose", rief Brüderle der Koalition zu. Die fehlende Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt verhindere, dass es mehr Arbeitsplätze gibt. Wer Mindestlöhne einführen wolle, wolle Arbeitsplätze verhindern. "Skandalös" nannte Kornelia Müller (Die Linke) den nach wie vor hohen Bestand an Langzeitarbeitslosen. Die Koalition habe nichts getan, um deren Lage zu verbessern. Thea Dückert von den Grünen schickte die erfolgsverwöhnten Koalitionäre vom "Sonnendeck" in den Maschinenraum. Die Unternehmensteuerreform be-laste den Mittelstand, und an den Langzeitarbeitslosen gehe der Aufschwung vorbei.
50.000 Ingenieur-Stellen konnten 2006 nicht besetzt werden, sagte Dagmar Wöhrl (CSU), Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, zur Beschäftigungssituation. Rainer Wend (SPD) meinte, einige Strukturreformen, die den Aufschwung ermöglichten, stammten aus der rot-grünen Zeit, und Laurenz Meyer (CDU) ergänzte, die richtigen Reformen habe die Union damals mitgetragen.