Das Land Hessen will überhöhten Strompreisen mit einer Verschärfung des Wettbewerbsrechts begegnen. Die Bundesratsinitiative, die vergangene Woche in Wiesbaden durchs Kabinett gegangen ist, sieht eine Erweiterung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vor. Hiermit soll der Staat unter bestimmten Voraussetzungen in die Lage versetzt werden, in eine Marktstruktur einzugreifen und Fusionen nachträglich zu widerrufen.
"Notfalls müssen Stromkonzerne gezwungen werden, Kraftwerke und Stadtwerkebeteiligungen an Dritte zu verkaufen", erklärte der hessische Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU). Derzeit halten die vier Stromkonzerne Eon, Vattenfall, RWE und EnBW 80 Prozent der Anteile am Strommarkt. Als Käufer kommen laut Rhiel unabhängige nationale Anbieter, zum Beispiel große Stadtwerke und Stadtwerksverbände, in Frage. Es gehe nicht um eine Enteignung, sondern um einen Verkauf, betonte der Minister.
Dem Entwurf zufolge darf das Bundeskartellamt nur in den Wettbewerb eingreifen, wenn es sich um einen Markt von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung handelt, wenn die Aufgreifschwellen der nationalen Fusionskontrolle überschritten sind, wenn das Unternehmen eine beherrschende Marktstellung innehat und wenn auf dem betreffenden Markt in absehbarer Zeit kein Wettbewerb zu erwarten ist. Ziel sei es, so Rhiel, dass die Zahl der Stromproduzenten und unabhängigen Vertriebsunternehmen so weit steigt, dass Wettbewerb und Wettbewerbspreise zu erwarten sind. Von der geplanten Gesetzesänderung erhofft sich der Minister eine Senkung des Strompreises von bis zu zwei Cent je Kilowattstunde. Rhiels rheinland-pfälzischer Kollege Hendrik Hering (SPD) bezeichnete den Vorstoß als "nicht zielführend". Zwangsverkäufe hätten Rechtsstreitigkeiten und Schadensersatzforderungen zur Folge.