Verschnupft bis verärgert reagiert die Führung in Moskau seit geraumer Zeit auf jede Form von Kritik an ihrer Politik. Die Dumawahlen vom vergangenen Dezember sowie die in gut vierzehn Tagen anstehenden Präsidentschaftswahlen in Russland können dafür als aktuelle Beispiele dienen. ODIHR, das OSZE-"Büro für Demokratie und Menschenrechte" mit Sitz in Warschau wagte es soeben, den Kakao nicht auch noch zu trinken, durch den man die ODIHR-Wahlbeobachter in Russland hat ziehen wollen. Sie haben ihre Einreise nach zähem doch fruchtlosem Verhandeln schließlich mit Bedauern abgesagt - immerhin schon zum zweiten Mal innerhalb von acht Wochen. Dieser Schritt war unmissverständlich und konsequent. Und seine Signalwirkung war beachtlich. Denn wer wie die in Moskau politisch Verantwortlichen ungerührt meint, einer anerkannt unparteilichen Organisation unzumutbare Arbeitsbedingungen aufdrängen zu dürfen, illustriert einen eklatanten doch nicht wirklich neuen Mangel an offiziell gern beschworener demokratisch inspirierter Souveränität. Die "Macht", wie die Führung von ihren eigenen russischen Landsleuten seit jeher genannt wird, hat Angst, blamiert zu werden. ODIHR hätte nämlich höflich aber sicherlich deutlich kritisiert, dass die Wahl zur Putin-Nachfolge lediglich ein Referendum zugunsten von Dmitrij Medwedew sein wird. Echter demokratischer Wettbewerb sieht anders aus. Diesem Vorgang ohne eine echte politische Alternative zusätzlich noch die erhoffte Absolution aus dem Westen zu erteilen, hätte einen beschämenden Beigeschmack gehabt. ODIHR hat dies vermieden. Und nicht wenige Menschen in Russland zollen der OSZE gerade dafür nachdrücklich Respekt und Anerkennung. Die Mächtigen in Moskau aber sind wütend über die Spielverderber mit Amtssitz in Warschau.