Medien und politikerinnen
Die Aufarbeitung eines schwierigen Verhältnisses
Politik und Medien, das ist ein Bereich, der immer wieder Konjunktur hat. Scheinbar ist vieles, aber wie sich zeigen wird, bei weitem noch nicht alles aufgearbeitet. Die Flut der männlich besetzten Bilder ist unübersehbar: Politiker im Designer-Dress oder in fragwürdigen Situationen am Pool und schließlich die Entdeckung der 90er-Jahre: Deutschland hat einen Medienkanzler. Dieses Attribut assoziierte souveränen Umgang mit den Medien, deren Partner, Begleiter und Vordenker zu sein, aber auch die Erhebung zum scheinbaren Richter immer dann, wenn das Genehme ausbleibt.
Von Hillary Clinton ist überliefert, dass sie eine Rede vor den Absolventinnen und Absolventen der Elite-universität Yale ironisch mit dem Satz beendete: "Das Wichtigste, was ich Ihnen heute mitgeben möchte, ist: Achten Sie auf Ihre Frisur, denn jeder andere wird es auch tun."
Das Verdienst der Herausgeberinnen des Sammelbandes "Warum nicht gleich? Wie die Medien mit Frauen in der Politik umgehen", Christina Holtz-Bacha und Nina König-Reiling, ist es, sowohl wissenschaftliche Analysen als auch die Aussagen von Politikerinnen - Silvana Koch Mehrin, Renate Schmidt und Claudia Roth - zusammen zu führen. So liegt eine Aufarbeitung vor, die mit Blick auf das Jahr 2007 nicht zu Jubelschreien verführt. Tabellarische Übersichten zeigen deutlich, dass Deutschland im Bereich der aktiven Gestaltung von Frauen an politischen Prozessen noch immer nicht an der Spitze angekommen ist.
Obwohl die Zahl der Politikerinnen gestiegen ist, hat sich deren Präsenz in den Medien nicht im gleichen Maß entwickelt. Der Verweis auf die 1975 erhobene "Küchenhoff-Studie - Zum Frauenbild im deutschen Fernsehen" zeigt im Vergleich mit aktuellen Erhebungen, dass Frauen in der Medienlandschaft noch nicht den Platz haben, der ihnen und vor allem ihrer Kompetenz gebührt; nur circa 35 Prozent beträgt 2005 der Frauenanteil an den Medien- typen.
Die Autoren gehen diesen Tatsachen unter unterschiedlichen Frage- und Problemstellungen nach: Portraying Politics: Gender, Politik und Medien; sind Politik und Journalismus (noch) ein männliches Geschäft?; Politikerinnen im Wahlkampf; sind Politikerinnen reif für die Medien und die Medien reif für die Politik?
Alice Schwarzer hatte im Jahr 2000, als die "K-Frage" zuungunsten der späteren Kanzlerin entschieden wurde, versucht, Angela Merkel als "Paradebeispiel für die Misere der Frau in Führungspositionen" zu beschreiben: "trotz demonstrierter Weiblichkeit nur eine halbe Frau, trotz erkämpfter Männlichkeit nur halber Mann". Von dieser Analyse ausgehend, zeigt sich das Problem deutlich. Während Merkel, so arbeitet es Thomas Koch heraus, alles daran setzt, sowohl im Wahlkampf als auch im politischen Alltag weibliche Stereotype zu vermeiden, ist es vor allem ihre Biografie als geschiedene und kinderlose Frau, die in den Medien dazu führt, dass sie mit männlichen Rollenmustern in Verbindung gebracht wird.
Dieses Buch sei all denen empfohlen, die Interesse an der Politik-, Sozial-, Kommunikations- und Medienlandschaft haben. Vor allem jungen Leserinnen und Lesern, da in Deutschland zu Gender und Medien ein "weites Feld" zu erschließen ist: Fehlende Netzwerke, das Festhalten an Geschlechterstereotypen, die männliche Dominanz in den Print- und elektronischen Medien, die nach wie vor sehr guten Kontakte zwischen den Chefetagen der Medien und den Politikern führen zu der recht bitteren Feststellung von Renate Schmidt: "Der Fortschritt ist eine Schnecke."
Warum nicht gleich? Wie die Me- dien mit Frauen in der Politik umgehen
VS-Verlag, Wiesbaden 2007; 218 S., 22,90 ¤