Energie
Das Ablesen von Strom- und Gaszählern soll für den Wettbewerb geöffnet werden
Ehrgeizige Klimaschutzziele und hohe Strompreise haben das Bewusstsein der Verbraucher für das Energiesparen geschärft. Durch Sparsamkeit kann der einzelne Haushalt seine Stromrechnung wie auch seine CO2-Emissionen zum Teil beträchtlich senken. Dabei muss man aber wissen, wo sich das Sparen am meisten lohnt. Fressen der alte Durchlauferhitzer oder der neue Wäschetrockner mehr Strom? Mit einer neuen Generation so genannter "intelligenter Zähler" soll der Verbraucher nun die nötige Transparenz bekommen. Damit sind die Tage des alten, noch in Millionen Haushalten installierten Drehscheibenzählers gezählt.
Die neuen "smart Meter" können die Verbrauchsdaten jedes einzelnen Elektrogerätes in einem Haushalt erfassen. Darüber hinaus zeigen sie, wann der Strom am teuersten ist. Der Verbraucher kann sehen, dass es billiger ist, energieintensive Geräte abends laufen zu lassen, statt zu Spitzenlastzeiten am Tag. Die Daten werden je nach Messgerät auf den Computer, das Mobiltelefon oder auch den Fernseher überspielt. "Die bewusste und zielgerichtete Änderung des eigenen Verbrauchsverhaltens macht nur dann Spaß, wenn der Kunde den Erfolg seiner Energiespar-Maßnahmen wie das Ausschalten sämtlicher Stand-by-Funktionen oder den Einsatz energiesparender Haushaltsgeräte unmittelbar überprüfen kann", heißt es bei der RWE in Essen.
Deutschlands größter Energieversorger will in den nächsten drei Jahren die 100.000 Haushalte der Stadt Mülheim an der Ruhr mit intelligenten Stromzählern ausstatten. 20 Millionen Euro soll das Projekt kosten. Ziel ist die Entwicklung eines "intelligenten" Zählers mit einem offenen Standard, der mit allen gängigen Abrechnungsprogrammen arbeiten und später auch Gas- und Wasserzähler integrieren kann. "Wir haben das Zähler-Projekt ausgeschrieben und wir sind mit einer ganzen Reihe von Anbietern im Gespräch", sagt RWE-Sprecher Theo Horstmann.
Am Markt für Stromzähler gibt es neben etablierten Herstellern eine Vielzahl kleiner, innovativer Unternehmen. "Die Hersteller stehen in den Startlöchern und warten auf ein politisches Signal, bevor sie große Summen in neue Entwicklungen stecken", sagt RWE-Vorstand Berthold Bonekamp. Ein solches Signal könnte beispielsweise die gesetzliche Verpflichtung sein, in drei bis fünf Jahren alle alten gegen digitale Stromzähler auszutauschen. Jetzt hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur "Öffnung des Messwesens bei Strom und Gas für Wettbewerb" ( 16/8306) vorgelegt, der am 6. März zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen wurde. Dies gilt auch für einen Antrag der FDP ( 16/7872). Diskutiert wurden beide Initiativen in Zusammenhang mit einem Gesetzentwurf der Regierung zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung ( 16/8305).
Mit der "Öffnung des Strommarktes" will die Regierung die letzte Lücke in der Liberalisierung des Marktes schließen. Bislang wird die Messung des Stromverbrauchs von den Netzbetreibern vorgenommen. Künftig soll nun der Kunde entscheiden können, von welchem Anbieter er seine Zähler ablesen lassen will. Neben RWE ist noch eine ganze Reihe von Energieversorgern dabei, eigene, "intelligente" Messsysteme zu entwickeln. Der zum Karlsruher Energiekonzern EnBW gehörende Stromversorger Yello hat auf der diesjährigen Computermesse Cebit einen eigenen "Sparzähler" vorgestellt. Das in Kooperation mit dem Softwarekonzern Microsoft entwickelte Gerät überträgt die Verbrauchsdaten auf den Computer des Kunden. Danach kann der Kunde über einen persönlichen Online-Zugang auf der Yello-Homepage jederzeit sehen, was ihn sein Verbrauch kostet, über Monate, Tage oder auch im Viertelstundentakt. Der "Sparzähler" ist nach Aussage von Yello-Geschäftsführer Martin Vesper komplett unabhängig vom Netzbetreiber oder vom Stromversorger. "Ein Kunde, der den Sparzähler kauft, muss nicht unser Stromkunde sein", sagt er. Andere Lieferanten müssten nur den Kundenzugang online ermöglichen.
Anbieter von Energiedienstleistungen außerhalb der Versorgerbranche sehen die sich aus einer Liberalisierung des Strom-Messwesens ergebenden Chancen eher skeptisch. "Das macht für uns nur Sinn, wenn wir Angebote für große Bestände, beispielsweise komplette Wohngebiete machen können. Wenn das in einen Kampf um jedes Haus ausartet, lohnt sich das für uns nicht", sagte Stefan Lutz von der Firma Techem.
Das Unternehmen ist einer der größten unabhängigen Service-Anbieter für die Erfassung und Abrechnung von Heizungs- und Wasserkosten. Die jetzt schon "intelligenten" Techem-Zähler seien zwar technisch in der Lage, zusätzlich zu Wärme und Wasser auch den Stromverbrauch zu ermitteln. Aber das Kosten-Nutzen-Verhältnis wäre eher ungünstig. "Wenn jemand im Jahr eine Stromrechnung von 1.000 Euro hat und davon 30 bis 40 Euro für die Messdienstleistung entfallen, ist wenig Anreiz, den Anbieter zu wechseln", sagt Lutz.
Da stimmt Martin Vesper von Yello zu. "Es geht nicht um die Kosten für den Zähler, es geht um die Kosten, die man durch ein intelligentes Messsystem sparen kann", sagt er. Bis zu zehn Prozent der Stromrechnung seien durchaus realistisch. Bei allem Verantwortungsbewusstsein und Umweltverständnis bleibt die Frage nach dem wirtschaftlichen Nutzen für Yello. "Wir wollen damit in erster Linie unsere Kundenbeziehungen intensivieren."
Berthold Bonekamp von RWE sagt es deutlicher. Es geht um die Aufbesserung des angeschlagenen Versorger-Images: "Um Vertrauensverluste bei unseren Kunden entgegenzuwirken und neue Akzeptanz in der Politik zu finden, müssen wir neue Wege gehen."