ENERGIEMARKT
Parlament fordert Neuordnung
Um den Wettbewerb in der Elektrizitätswirtschaft zu intensivieren, sollen Stromkonzerne nach dem Willen des Europäischen Parlamentes ihre Kontrolle über die Leitungsnetze verlieren. Die Abgeordneten unterstützten in Straßburg mit großer Mehrheit die Vorschläge der EU-Kommission zur Neuordnung des Elektrizitätsbinnenmarktes. Dazu gehören auch neue Rechte für die Kunden der Energieanbieter, mehr Unabhängigkeit für die nationalen Regulierer sowie die Gründung einer europäischen Regulierungsbehörde.
449 Abgeordnete stimmten am 18. Juni für den Bericht der sozialdemokratischen Abgeordneten Eluned Morgan aus Großbritannien, die sich für eine "umfassende eigentumsrechtliche Entflechtung" aussprach. Wettbewerb in der Elektrizitätswirtschaft werde es erst geben, wenn alle Erzeuger gleichen Zugang zu den Übertragungsnetzen bekämen, sagte sie.
Die Mehrheit der Abgeordneten sprach sich sowohl gegen die von der Kommission vorgeschlagene Alternative eines getrennten und stark regulierten Betriebs der Leitungsnetze aus als auch gegen den "dritten Weg", der den Konzernen eine noch weitergehende Kontrolle über die Netze erlauben würde. Deutschland und andere Staaten hatten den "dritten Weg" jüngst im Ministerrat durchgesetzt. Hält der Ministerrat an diesem Votum fest, wird ein Vermittlungsverfahren notwendig.
Die meisten deutschen Abgeordneten bedauerten das Votum. Für die Entflechtung votierten nur die Grünen. "Die eigentumsrechtliche Entflechtung ist nicht der Königsweg für mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt", sagte Bernhard Rapkay (SPD). Die Vorsitzende des Industrieausschusses, Angelika Niebler (CSU), kritisierte außerdem, dass die Entflechtung auf die privaten Energiekonzerne beschränkt bleibe.
Nach der Richtlinie brauchen staatliche Energiekonzerne ihre Leitungsnetze nicht verkaufen. Die Erzeugung und der Transport der Energie müssen nur von unterschiedlichen Behörden überwacht werden.
Das Parlament sprach sich auch für eine starke, europäische Regulierungsagentur aus, die ihre Aufgaben "effizient, transparent und vor allem unabhängig" erfüllen kann. Sie soll den grenzüberschreitenden Energietransport überwachen und für eine bessere Vernetzung der nationalen Regulierungsbehörden sorgen.