Europa bekommt eine neue Abfallrichtlinie. Das hat das EU-Parlament am 17. Juni mit großer Mehrheit beschlossen. Die Kritik an dem über Jahre ausgehandelten Kompromiss ist allerdings groß: Eine Chance für Umwelt- und Klimaschutz sei vergeben worden, urteilen führende Umweltexperten des Parlaments über die neue EU-Abfallrichtlinie.
Seit 2005 beriet Brüssel über neue Regeln, die das Wachstum der Müllberge in Europa bremsen sollten. Auf dem Tisch lagen Gesetzespläne, um für Industrieabfälle aus Fabriken eine hohe Quote für die Wiederverwertung durchzusetzen. Das wollten die meisten der 785 EU-Abgeordneten - doch diese Hoffnung stoppten die Minister zahlreicher nationaler Regierungen.
Anders als vom Umweltausschuss des Parlaments ursprünglich gefordert, schreiben die neuen Regeln nun keine verbindlichen Quoten für die Wiederverwertung von Haus-, Gewerbe- und Industrieabfällen vor. Stattdessen müssen die Mitgliedstaaten bis 2020 lediglich nachweisen, dass sie versucht haben, mindestens 50 Prozent der Glas-, Papier- und Plastikabfälle aus dem Hausmüll sowie 70 Prozent des Bauschutts wieder zu verwerten. Beide Quoten sind in 17 der 27 EU-Länder bereits erreicht. Sanktionen für den Fall, dass ein Staat die Ziele verfehlt, sieht die Richtlinie nicht vor. Die EU-Kommission deutete jedoch an, säumige Regierungen verklagen zu wollen. In Deutschland liegt die Recyclingquote für Haushaltsmüll bei 60 Prozent, die für Bauschutt knapp unter dem neuen EU-Ziel. Die Europäer produzieren jedes Jahr mehr als 1,8 Milliarden Tonnen Müll, das sind pro Einwohner rund 3.500 Kilogramm.