Nur ein beruflicher Traum ging für Monika Grütters nicht in Erfüllung. Betrachtet man heute aber den Werdegang der CDU-Bundestagsabgeordneten, möchte man sagen: Zum Glück. "Ich wollte eigentlich Ärztin werden, so wie mein Vater", erinnert sich die 46-Jährige lachend und streicht sich schnell durchs kurze, blonde Haar. Doch der Numerus Clausus von 1,0 war für die Abiturientin trotz ihres sehr guten Abschlusses nicht erreichbar. Aufzugeben kam für sie trotzdem nicht in Frage. Sie meldete sich stattdessen zum Losverfahren an und überbrückte die Wartezeit mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr - vor allem aber mit Politik. Bereits als 18-Jährige war Monika Grütters der Jungen Union beigetreten, hatte als Wahlkampfhelferin gearbeitet und sich mit beratender Stimme im Stadtrat ihrer Heimatstadt Münster engagiert.
Eine Zeit, die Grütters offenbar auf den Geschmack brachte: Die damals 20-Jährige entschied, statt Medizin in Bonn ihre "Lieblingsfächer" zu studieren: Germanistik, Politikwissenschaft, Kunstgeschichte. Eine kluge Entscheidung. "Meinen Neigungen zu folgen, ist für mich zum erfolgreichen Lebens- und Berufskonzept geworden", sagt Grütters. "Ich kann nur raten, das zum Beruf zu machen, wofür man Leidenschaft empfindet." Daran hat sie sich gehalten, auch wenn ihr Werdegang wirkt, als sei er von langer Hand geplant: "Ach, von wegen!", Grütters schüttelt den Kopf. "Die Kulturarbeit habe ich mit Herzblut gemacht - daraus hat sich dann vieles entwickelt, aber das kann man nicht planen." So ist die heutige Kulturpolitikerin eine Art Grenzgängerin geworden. Mit Leichtigkeit bewegt sie sich seit Jahren zwischen den Sphären der Politik, der Wissenschaft und des Kulturbetriebs - allerdings mit einer besonderen Vorliebe für die Kultur.
Als Studentin begann sie Liederabende in der Bonner Oper zu organisieren, übernahm später auch die Öffentlichkeitsarbeit für das Haus. 1989, das Examen in der Tasche, zog es Grütters dann wie magisch nach Berlin. "Ich habe meinen Opel Corsa gepackt und bin los", erinnert sie sich. Bekannte hatte sich dort nicht - auch keine Stelle in Aussicht. Dafür wurde sie wenige Monate später Zeugin des Mauerfalls. Ein Ereignis, das Grütters "als politischen Menschen" bewegte - aber auch Schwung in ihre Karriere brachte. Sie wechselte vom Museum für Technik und Verkehr, wo sie gerade eine befristete Stelle hatte, zur Verlags- und Buchhandelsgesellschaft Bouvier. 1992 wurde sie Pressesprecherin der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung. Ein Job mit Folgen. Die Geisteswissenschaftlerin entdeckte die Politik neu: "Diese erste Legislatur nach der Wende war ja auch extrem spannend", erzählt Grütters begeistert. "Ein hochpolitisches Geschäft! Allein schon der Wiederaufbau der Humboldt-Universität!"
Es wird der Auftakt zu ihrer eigentlichen Parteikarriere. 1995 zieht sie erstmals ins Abgeordnetenhaus ein, wird stellvertretende Vorsitzende der Berliner CDU und übernimmt zudem noch den Posten der kulturpolitischen und wissenschaftlichen Sprecherin. Die Zeitungen sehen in ihr den "Shootingstar". Doch in der Partei geht das einigen zu schnell. Trotzdem besetzt die junge Quereinsteigerin die für Berlin strategisch wichtigen Felder: Wissenschaft und Kultur.
Auch nach ihrem Einzug in den Bundestag 2005 ist sie diesen treu geblieben. Als Hochschulberichterstatterin im Ausschuss für Bildung und Forschung kämpfte sie etwa für Exzellenzinitiative und Hochschulpakt. Doch das Herzensthema der Obfrau im Ausschuss für Kultur und Medien ist die Stärkung des Bewusstseins für Kultur, wenn nötig über eine Festschreibung des Staatsziels Kultur im Grundgesetz: "Sie ist ja nicht nur einfach ein Apercu - die Kulturnation Deutschland hat Ansehen in der Welt, weil sie sich so für ihre Kultur einsetzt", sagt Grütters mit Nachdruck. Sie selbst jedenfalls könnte nie ohne. Mit großer Energie arbeitet sie im Vorstand der "Stiftung Brandenburger Tor" der Bankgesellschaft Berlin, entscheidet über Kunstankäufe, kuratiert Ausstellungen, schreibt Kataloge oder organisiert Literaturveranstaltungen. Ein Geschenk, Leidenschaften beruflich so ausleben zu können. "Lucky me", sagt Grütters lächelnd.