PATIENTENVERFÜGUNG
»Mehr Recht auf Selbstbestimmung«
Der Kranke hat einen nicht heilbaren Hirntumor. Der Krebs hat gesiegt. Es besteht keine Chance auf Rettung. Jetzt ist er in tiefe Bewusstlosigkeit gefallen; nur die Herz-Kreislauf-Maschine hält ihn noch am Leben und eine Magensonde ernährt ihn. Wenn er eine Patientenverfügung aufgesetzt hätte, wäre ihr Nutzen im Moment fraglich. Denn viele Ärzte gehen auf Nummer sicher. Sie machen eher zu viel als zu wenig - aus Angst vor dem Ende ihrer Karriere, vor einer Gefängnisstrafe.
Am 26. Juni gibt es im Plenum den ersten Akt, dem wohl noch mehrere folgen werden bis zur Schlussabstimmung - ohne den so genannten Fraktionszwang. Das Parlament diskutiert dann den mittlerweile von 200 Abgeordneten unterschriebenen Entwurf des SPD-Rechtspolitikers Joachim Stünker ( 16/8442). Er sieht vor, dass durch eine gesetzliche Regelung der Patientenverfügung für alle Beteiligten mehr Rechtssicherheit geschaffen werden soll. Dabei müsse der Wille des Betroffenen beachtet werden - unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung. Viele Menschen wollten Gewissheit haben, dass sie über die Art und Weise ihrer medizinischen Behandlung selbst bestimmen können, wenn sie aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls entscheidungsunfähig würden. Dazu diene eine Patientenverfügung.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat den Gesetzentwurf ebenfalls unterschrieben. "Der Segen der Medizin macht gleichzeitig Angst", sagte sie vor einem Jahr bei einer Debatte zu diesem Thema. "Ich meine, es muss darum gehen, den Menschen diese Angst zu nehmen und ihnen die Gewissheit zu geben, dass ihr Selbstbestimmungsrecht auch in denjenigen Situationen gilt, in denen sie sich nicht mehr äußern können."
Wolfgang Bosbach (CDU) und Katrin Göring-Eckardt (Die Grünen) arbeiten an einem Gegenentwurf, in dem die Reichweite der Patientenverfügung anders definiert wird. Das ist mit ein Grund, weshalb der konkurrierende Entwurf am 26. Juni nicht aufgerufen wird. Zahlreiche gesellschaftliche Gruppen haben inzwischen ihre Sicht des Themas Patientenverfügung vermittelt.