Die Zeit läuft ab für das Dresdner Elbtal als Weltkulturerbe der UNESCO. Vielleicht. Bis Ende der Woche will die Kulturorganisation der Vereinten Nationen entscheiden, ob der Titel entzogen wird oder nicht. Es ist die unendliche Geschichte der Waldschlösschenbrücke.
Eben noch rief der Deutsche Kulturrat die künftige Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz und den neuen sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich erneut auf, das Ruder herumzureißen und den Bau der Brücke zu stoppen. Schließlich haben die Kulturherren aus Paris gepfiffen, da heißt es gradestehen und artig die Hacken zusammenschlagen. Sonst droht schonungslose Bestrafung: Wer nicht hören will, muss fühlen. Die UNESCO legt damit den pompösen Gestus eines politkulturellen Papstes als Stellvertreter aller Kulturgötter auf Erden, an den Tag. Unfehlbar, unantastbar, sünd- und kompromisslos.
Doch hat bei den schönen alten Brücken Dresdens auch kein Baumeister gefragt, was die Welt wünschte. Man hörte allein auf seinen Souverän. Damals war das August der Starke, heute ist es das Volk. Damals baute Baumeister Matthäus Daniel Pöppelmann den Zwinger, die Dreikönigskirche und die Augustusbrücke. Im Dresden von heute entschied sich das Volk per Bürgerentscheid mit 68 Prozent für eine schöne neue Brücke. Der globale Culture-Club scheint von Subsidiarität nicht viel zu halten, wenn Entscheidungen herauskommen, die ihm gegen den Strich gehen. Doch sollte nicht die UNESCO als uneingeschränkte Wahrerin aller Kultur beherzigen, was sogar unsere EU vom deutschen Föderalismus gelernt (und in den Vertrag von Lissabon reingeschrieben hat)? Es gilt, unser aller kulturelle Eigenheiten zu achten, zu wahren und als Reichtum zu begreifen. Warum also auf die Iren schimpfen, wenn nicht mal die Hüter unserer Welt ihre Aufgaben aufgeklärt erledigen?