FINANZINVESTOREN
Bundestag beschließt Meldepflichten und stützt Wagniskapitalgeber. Mehr Transparenz beim Kreditverkauf
Die Meldungen waren alarmierend: Da verkaufen Banken ohne Wissen ihrer Kunden Baudarlehen paketweise an ausländische Finanzinvestoren, vulgo Heuschrecken, die wiederum auf schnellstem Weg die Zwangsvollstreckung einleiten. Selbst dann, wenn die Raten immer bezahlt wurden. Der Bundestag hat jetzt reagiert und den Schutz der Kreditnehmer im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verbessert. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) machte am 27. Juni aber auch deutlich, dass keine Fälle bekannt seien, in denen Finanzinvestoren nach Erwerb einer Grundschuld vollstreckt hätten, wenn der Kredit ordnungsgemäß bedient wurde. Marianne Schieder (SPD) sagte medienkritisch: "Die Fälle sind konstruiert worden."
Dass es gleichwohl Handlungsbedarf gab, damit sich Bank und Bauherr wieder auf Augenhöhe begegnen können, machten Hans-Ulrich Krüger (SPD) sowie Norbert Geis und Julia Klöckner (CDU/CSU) deutlich. Die BGB-Änderungen sind Teil des Risikobegrenzungsgesetzes ( 16/7438, 16/7718), das der Bundestag gegen das Votum der FDP bei Enthaltung der Grünen und der Linken auf Empfehlung des Finanzausschusses ( 16/9778, 16/9821) annahm.
Jetzt müssen Banken schon vor Vertragsabschluss informieren, ob ihr Darlehen verkauft werden kann. Der Kunde hat die Wahl, einen Kredit aufzunehmen, bei dem dies ausgeschlossen ist. Ausdrücklich verboten ist es, nur im Kleingedruckten, in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, auf die Möglichkeit des Kreditverkaufs hinzuweisen. Die Bank muss, wenn sie den Kredit abtritt oder der Vertragspartner wechselt, ihren Kunden sofort darüber informieren. Erweitert wurde der Kündigungsschutz des Kreditnehmers. Er muss mit mindestens 2,5 Prozent der gesamten Darlehenssumme und zwei aufeinanderfolgenden Raten im Rückstand sein, ehe ihm gekündigt werden kann. Bei den heutigen Konditionen entspricht das etwa einem Zahlungsrückstand von sechs Monaten. Zudem kann der Kunde seine Rechte aus einer Sicherungsgrundschuld auch einem neuen Gläubiger gegenüber wahrnehmen, also ihm etwa entgegenhalten, dass er seinen Zahlungspflichten nachgekommen ist. Bei ungerechtfertigter Zwangsvollstreckung erhält der Kreditnehmer einen vom Verschulden unabhängigen Schadensersatzanspruch. Fristlos kann die Grundschuld nicht mehr gekündigt werden, es gilt eine Frist von sechs Monaten.
Ein Verkauf von Krediten bleibt aber nach wie vor möglich. Steinbrück: "Kreditverkäufe sind ein wichtiges Refinanzierungsinstrument für Banken." Der Verkauf erfordert nicht die Zustimmung des Kreditnehmers, wie dies die FDP (16/8548), die Linksfraktion ( 16/8182) und die Grünen ( 16/5595) in Anträgen gefordert hatten, die allesamt keine Mehrheit fanden. Abgelehnt wurde auch ein Entschließungsantrag der Grünen ( 16/9815), wonach ein Verkauf von Kreditforderungen an Nichtbanken untersagt werden sollte. Christian Ahrendt (FDP) und Gerhard Schick (Grüne) beklagten, dass es nach wie vor möglich sei, einen Kredit bereits dann zu kündigen, wenn ein "Vermögensverfall" droht, Arbeitslosigkeit etwa oder eine Wertminderung der Immobilie.
Hauptziel des Risikobegrenzungsgesetzes ist es jedoch, unerwünschte Aktivitäten von Finanzinvestoren zu unterbinden und Transparenz darüber herzustellen, wem ein Unternehmen wirklich gehört. So müssen künftig die wahren Inhaber von Namensaktien in das Aktienregister eingetragen werden. Bei Verschleierung droht ein sechsmonatiger Entzug der Stimmrechte in der Hauptversammlung. Zudem werden Meldepflichten für Inhaber wesentlicher Beteiligungen eingeführt. Konkreter gefasst wurden die Regelungen zum "abgestimmten Verhalten" von Aktionären ("Acting in concert"). Nina Hauer (SPD) wies besonders darauf hin, dass nicht mehr nur die Belegschaft börsennotierter, sondern nun auch die Belegschaft nicht börsennotierter Unternehmen informiert werden muss, wenn Investoren ein Unternehmen übernehmen wollen. Bei Enthaltung der Grünen lehnte der Bundestag auf Empfehlung des Arbeitsausschusses ( 16/9789) einen Gesetzentwurf der Linken ab, der die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei Betriebsänderungen ( 16/7533) stärken wollte. Ebenso scheiterte auf Empfehlung des Finanzausschusses ( 16/9162) ein Antrag der Linken ( 16/7526), Möglichkeiten der Mitbestimmung zu schaffen, damit die Interessen der Beschäftigten bei Unternehmensübernahmen berücksichtigt werden.
Dagegen verabschiedete der Bundestag auf Empfehlung des Finanzausschusses ( 16/9777, 16/9829) das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen ( 16/6311, 16/6648), dem bei Enthaltung der Grünen FDP und Linke nicht zustimmten. Schwingt der Gesetzgeber im Risikobegrenzungsgesetz eher die Peitsche in Richtung Finanzinvestoren, so wird hier Zuckerbrot in Form von Steuernachlässen in Höhe von 475 Millionen Euro verteilt. Es profitieren Beteiligungsgesellschaften, die Wagniskapital in technologieorientierte Unternehmen (jünger als zehn Jahre, Eigenkapital unter 20 Millionen Euro) einbringen, sowie so genannte "Business Angels", Personen, die Geld, vor allem aber ihr Know-how bereitstellen. Frank Schäffler (FDP) beklagte, dass daraus kein Private-Equity-Gesetz wurde, Axel Troost (Die Linke) sprach von einer "Farce". Dagegen setzt Klaus-Peter Flosbach große Hoffnungen in das Gesetz: "Damit holen wir die Gründer aus der Garage he-raus." Bei Enthaltung der Linken lehnte der Bundestag einen Antrag der Grünen ( 16/4758) ab, solche Unternehmen zu fördern, die mindestens 30 Prozent des Umsatzes für Forschung ausgeben. Einen Bundesratsentwurf zur Weiterentwicklung des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften ( 16/3329) erklärte der Bundestag für erledigt.