Die Zahl der Abgeordneten sinkt von 614 auf 613
Am 1. Juni 2007 hat sich die Zahl der Abgeordneten im Bundestag von 614 auf 613 reduziert. Mit dem Ausscheiden des Abgeordneten Matthias Wissmann verfügt die CDU/CSU-Fraktion nur noch über 224 Mandate. Damit verringert sich auch ihr Vorsprung zur SPD, deren Fraktion 222 Mandate besitzt.
Matthias Wissmann war als direkt gewählter Kandidat des Wahlkreises Ludwigsburg in den Bundestag eingezogen. Seit November 2002 war er Vorsitzender des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Nachdem er im März 2007 zum Präsidenten des Verbandes der Automobilindustrie (VdA) gewählt wurde, kündigte er an, sein Bundestagsmandat zum 1. Juni niederzulegen.
Direktmandat
Der Abgeordnete Wissmann hatte eines der 299 Direktmandate inne, die zu den grundsätzlich im Bundeswahlgesetz vorgesehenen 598 Bundestagssitzen zählen. Die andere Hälfte der Parlamentarier zieht über das sogenannte Listenmandat in den Bundestag ein. Ob Direktmandat oder Listenmandat - alle Abgeordneten sind gleichgestellt. Direktkandidat wird man, indem man sich bei der Bundestagswahl um das Direktmandat des eigenen Wahlkreises bewirbt und die meisten Erststimmen erhält. Der Kandidat wird unabhängig vom Abschneiden seiner eigenen Partei gewählt.
Der Gewinn des Direktmandats im Wahlkreis ist oft ein Kopf-an-Kopf-Rennen, manchmal entscheiden nur wenige hundert Stimmen. Um ihren Einzug in das Parlament abzusichern, treten einige Direktkandidaten zusätzlich auf der Landesliste ihrer Partei an.
Überhangmandat
Das Mandat von Matthias Wissmann wird nicht nachbesetzt, da er ein Überhangmandat besaß. Überhangmandate entstehen, wenn die Zahl der in einem Land von einer Partei errungenen Direktmandate größer ist, als die Zahl, die ihr nach ihrem dortigen Zweitstimmenergebnis zustünde. Bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag konnte die CDU/CSU sieben Überhangmandate gewinnen, die SPD neun.
Durch diese Überhangmandate erhöhte sich die Zahl der Abgeordneten im 16. Deutschen Bundestag von 598 auf 614. Durch das Ausscheiden Wissmanns verringert sich diese Zahl nun auf 613.
Das Ergebnis der Bundestagswahl bestimmt über das Kräfteverhältnis im Parlament und damit über die Möglichkeiten der Regierungsbildung. Das Erringen von Überhangmandaten kann im Einzelfall das Zünglein an der Waage für das Kräfteverhältnis im Parlament sein. Zum Beispiel bekamen bei der Bundestagswahl 2002 die CDU/CSU und die SPD annähernd gleich viele Zweitstimmen (bei 38,5 %). Damit kämen beide Parteien auf die gleiche Anzahl der 598 Sitze. Da die Union zusätzlich dazu nur ein und die SPD vier Überhangmandate erhielt, wurden die Sozialdemokraten stärkste Fraktion in der 15. Wahlperiode und konnten den Kanzler stellen.
Von diesen Überhangmandaten der SPD waren bis Juli 2004 zwei weggefallen.
Kein Nachrücken bei Überhangmandaten
Wenn ein Abgeordneter aus dem Bundestag ausscheidet, so wird der Sitz nach § 48 Absatz 1 des Bundeswahlgesetzes aus der Landesliste derjenigen Partei besetzt, für die der Ausgeschiedene bei der Wahl antrat. Das gilt auch im Falle des Ausscheidens eines Direktkandidaten. Die Folge ist, dass der Wahlkreis des Kandidaten im Bundestag nicht mehr durch einen Wahlkreisabgeordneten vertreten ist.
Überhaupt nicht nachbesetzt wird der Sitz des Ausgeschiedenen, wenn die Partei, für die er angetreten ist, in dessen Bundesland über ein Überhangmandat verfügt. Dies hat das Bundesverfassungsgericht bestimmt.
Das Bundesverfassungsgericht befasste sich im Rahmen einer Wahlprüfungsbeschwerde mit dieser Frage. Folgendes wurde im Februar 1998 beschlossen: Im Falle des vorzeitigen Ausscheidens eines direkt gewählten Wahlkreisabgeordneten, dessen Partei in dem betreffenden Bundesland Überhangmandate errungen hat, darf der ausgeschiedene Wahlkreisabgeordnete nicht durch einen Listenkandidaten ersetzt werden.