"Die BaFin hatte keine Eingriffsmöglichkeiten"
Der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jochen Sanio, hat den Umgang seiner Behörde mit der Hypo-Real Estate Bank (HRE) verteidigt. Die BaFin habe die Aktivitäten der HRE insbesondere nach der Übernahme der irischen Bank Depfa Mitte 2007 „genau beäugt“, sagte er am Donnerstag, 30. Juli 2009, vor dem HRE-Untersuchungsausschuss, der die Vorgänge um die Fastpleite des Münchener Immobilienfinanzierers untersucht.
Um aktiv einzugreifen, etwa in Form der Schließung der Bank
oder der Entlassung des Vorstandes, habe es jedoch an gesetzlichen
Grundlagen gefehlt, sagte Sanio. Als Beleg dafür, die Probleme
der HRE durchaus erkannt zu haben, verwies Sanio auf die von ihm
angeordnete Sonderprüfung bei dem Institut Anfang 2008.
"Erhebliche Mängel im Risikomanagement"
Damals hatte die HRE in einer Adhoc-Meldung überraschend einen Sonderabschreibungsbedarf von 390 Millionen Euro angekündigt. Die von der Bundesbank laut Sanio„kompetent und diskret“ durchgeführte Prüfung, deren Ergebnisse im Juli 2008 vorgelegt worden seien hätten erhebliche Mängel im Risikomanagement und bei der Bewertung strukturierter Wertpapiere ergeben.
Daraufhin habe er den Vorstand der HRE einbestellt und gefordert,
die Missstände „mit Volldampf“ zu beseitigen.
Nicht festgestellt worden seien damals Liquiditätsprobleme,
die wiederum zur Krise im September geführt hätten,
ergänzte Sanio.
"Josef Ackermann sorgte für den Durchbruch"
Dass eine Pleite der HRE unbedingt verhindert werden musste, war seiner Ansicht nach „unabdingbar“. Ansonsten wäre es zum „Weltuntergang des Finanzsystems“ gekommen, sagte Sanio. An dem ersten so genannten Bankenrettungswochenende im September 2008 habe es bis in den späten Abend jedoch so ausgesehen, als ob die HRE nicht zu retten sei. Seiner Erinnerung nach sei es Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann gewesen, der die „entscheidenden Telefonate“ geführt und schließlich für den „Durchbruch“ gesorgt habe.
Aus Sanios Sicht war die Übernahme der mit einem hochriskanten
Geschäftsmodell arbeitenden Depfa Grund für die massiven
Schwierigkeiten bei der HRE. „Nach der Übernahme
saß die HRE in der Falle“, so seine Einschätzung.
Der Konzern „krebste vor sich hin“, war aber
„überlebensfähig“.
"Keine Eingriffsmöglichkeiten der BaFin"
Eingriffsmöglichkeiten der BaFin hätten jedoch nicht bestanden. Einzig die Liquiditätslage sei „auf Tagesbasis“ beobachtet worden. Erst als nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers „die Märkte zugingen“, habe die Liquidität bei der HRE nicht mehr ausgereicht.
Auf die Frage des FDP-Obmanns Volker Wissing, warum der Vorstand
der HRE nicht ausgetauscht worden sei, verwies Sanio auf fehlende
gesetzliche Grundlagen. Den Grünen-Obmann Gerhard Schick
erstaunte es, dass die BaFin nichts tun könne, obwohl auch die
Staatsanwaltschaft gegen das Management der „systemrelevanten
Bank HRE“ ermittelt habe.
"Geschäftsleitung war Unzuverlässigkeit nicht
nachzuweisen"
Das tue sie noch immer, ohne dass es bisher zu einer Anklage gekommen sei, entgegnete Sanio. Die „Unzuverlässigkeit“ der Geschäftsleitung vor Gericht nachzuweisen, sei ihm damals nicht möglich gewesen. Das sei aber Vorraussetzung für die Entlassung gewesen. Was denn eine Aufsicht wert sei, die nur begleite, wollte der Linken-Obmann Axel Troost wissen.
„Schreiben Sie mir einen neue gesetzliche Grundlage“,
antwortete Sanio. So lange die Liquidität noch da sei,
könne die Aufsichtsbehörde nichts nur aus dem Eindruck
heraus tun, dass es „bei der Bank nicht läuft". Auch die
von der Opposition angesprochenen „Fehlbuchungen“ der
Depfa über 50 Milliarden Euro hätten daran nichts
geändert. „Das war ein Problem der irischen
Bankenaufsicht“, sagte Sanio.
"Finanzministerium hätte Lage nicht verbessern
können"
Ob es „Alarmsignale“ an das Bundesfinanzministerium (BMF) gegeben habe, wollte die SPD-Obfrau Nina Hauer wissen. Über die „latente Gefährdungssituation“ sei regelmäßig auf „Fachebene“ berichtet worden, antwortete Sanio. Seiner Ansicht nach hätte aber auch das BMF die Lage nicht verbessern können.
Dass im Rahmen der Rettungsversuche der HRE deren
Liquiditätsbedarf durch Experten der Deutschen Bank und nicht
durch BaFin oder Bundesbank ermittelt worden sei, kritisierte der
CDU/CSU-Obmann Leo Dautzenberg. Sanio sah darin kein Problem. Er
habe keinen Grund gesehen, den von der Deutschen Bank ermittelten
Zahlen zu misstrauen.
Drei weitere Sitzungen im August
Die letzten drei öffentlichen Sitzungen des Untersuchungsausausschusses sind für den 18., 19. und 20. August vorgesehen. Dann sollen unter anderen Finanzminister Peer Steinbrück, dessen Staatssekretär Jörg Asmussen und Jens Weidmann angehört werden, der wirtschaftspolitische Berater von Kanzlerin Angela Merkel.
Nach den bisherigen Planungen will das Gremium am 18. September und
damit rund eine Woche vor der Bundestagswahl den Abschlussbericht
verabschieden.