Union sieht offene Fragen beim BND-Einsatz in Bagdad
Berlin: (hib/KOS) Einen erneuten öffentlichen Schlagabtausch lieferten sich SPD und Opposition am Donnerstag während der Sitzung des Untersuchungsausschusses, der hinter verschlossenen Türen vier BND-Mitarbeiter zur Tätigkeit des Auslandsgeheimdiensts während des Irak-Kriegs im Frühjahr 2003 vernahm. SPD-Obmann Michael Hartmann betonte, auch aus diesen Zeugenbefragungen ergäben sich keine Hinweise, dass die von zwei BND-Agenten in Bagdad recherchierten und über Pullach zum Teil an das US-Hauptquartier in Katar weitergeleiteten Informationen für die taktisch-operative Kriegführung der USA von Bedeutung gewesen seien. FDP, Linkspartei und Grüne zeigten sich indes vom Gegenteil überzeugt. Die Übermittlung "militärischer Lagebilder" habe die Entscheidungen über die US-Kriegführung wesentlich beeinflusst, so der Liberale Max Stadler: Solche Erkenntnisse seien wichtig gewesen etwa für die Frage, ob die Bombardierung der irakischen Hauptstadt fortgesetzt oder ob der Einmarsch von Bodentruppen gestartet werden solle. Stadler: "Eine Nichtbeteiligung am Krieg sieht anders aus." Der Ausschuss prüft, ob der BND-Einsatz in Bagdad der Linie der damaligen rotgrünen Regierung widerspricht, Deutschland mache beim Irak-Krieg nicht mit.
Aus Sicht Kristina Köhlers, die als Obfrau der Unions-Fraktion die Nachfolge des als Staatsminister ins Kanzleramt gewechselten Abgeordneten Hermann Gröhe antrat, stellen sich zwei offene Fragen. Zum einen müsse geklärt werden, warum die USA ein großes Interesse an BND-Meldungen bekundet haben, obwohl diese Erkenntnisse für das US-Militär doch irrelevant gewesen sein sollen. Zum anderen müsse untersucht werden, so die CDU-Parlamentarierin, warum die seinerzeitige Bundesregierung überhaupt Informationen mit militärischem Inhalt aus Bagdad benötigt habe.
Hartmann führte aus, die USA hätten während des Kriegs der BND-Unterstützung gar nicht bedurft. Für die US-Armee seien im Irak 90 Agenten unter dem Titel "Rockstars" aktiv gewesen. Zudem habe das US-Militär Informationen durch unbemannte Drohnen-Flüge gesammelt. Für den SPD-Politiker brachte auch die Zeugenvernehmung vom Donnerstag keine neuen Einsichten, die über den von der Regierung an das Parlamentarische Kontrollgremium bereits zugestellten Bericht zum BND-Einsatz in Bagdad hinausreichen.
Norman Paech sagte, die USA hätten sich auch mit BND-Hilfe über den Fortgang des Kriegsgeschehens unterrichten wollen. Der Abgeordnete der Linkspartei erklärte, für die von der SPD angeführte Übermittlung von "non targets", also von nicht anzugreifenden Zielen, hätten sich bei den Zeugenbefragungen bislang keine Belege finden lassen. Auch Hans-Christian Ströbele (Grüne) erläuterte, zumindest in der heißen Phase des Kriegs habe es keine BND-Meldung über "non targets" an das US-Hauptquartier in Katar gegeben. Aus Sicht von SPD-Obmann Hartmann hingegen konnten durch solche BND-Informationen etwa über den Standort eines Hotels, in dem Journalisten einquartiert gewesen seien, Menschenleben gerettet werden.
Der Ausschussvorsitzende Siegfried Kauder kritisierte den schleppenden Fortgang der Beweisaufnahme. Der CDU-Politiker rief das Gremium zu mehr Disziplin auf und appellierte besonders an die Opposition, zu prüfen, ob die Befragung aller benannten Zeugen tatsächlich notwendig sei. Paech und Ströbele konterten mit dem Vorwurf, die Arbeit des Ausschusses werde erschwert, weil in den von der Regierung zur Verfügung gestellten Akten viele Stellen unkenntlich gemacht worden seien. Diese fehlenden Informationen müsse man sich nun mühsam durch die Vernehmung von Zeugen erarbeiten.
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