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Gültig ab: 04.05.2006 12:53
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Bild: Unsere Kandidatin mit Werner Maihofer während eines Parteitags 1977.
Unsere Kandidatin mit Werner Maihofer während eines Parteitags 1977.

Pionierin auf dem kurzen Dienstweg

Wer war’s? fragt BLICKPUNKT BUNDESTAG und lädt Sie ein, Persönlichkeiten der Parlamentsgeschichte wieder zu begegnen. In jeder Ausgabe stellen wir jeweils ein Mitglied des Bundestages vor, das in der Geschichte Deutschlands eine bedeutende Rolle gespielt hat. Sein Name wird nicht genannt. Lüften Sie sein Inkognito und gewinnen Sie eine Reise für zwei Personen nach Berlin.

Mutig und selbstbewusst hat sie immer wieder neue Wege beschritten. Wie viele Politikerinnen ihrer Generation leistete sie Pionierarbeit bei der Gleichstellung der Frau. Wegweisend wirkte sie auch in ihrem Kampf um die Integration von Ausländern.

Für ihren oft gegen Widerstände zurückgelegten politischen Weg bringt die Westfälin von Herkunft und Ausbildung beste Voraussetzungen mit. Sie wird Ende des Ersten Weltkrieges als viertes Kind eines Fabrikanten geboren. Ihre Mutter entstammt einer angesehenen Bankiersfamilie. Der Vater wird später Präsident des Reichsverbandes der Deutschen Industrie und vertritt Anfang der 50er Jahre die FDP im Bundestag.

Unsere Kandidatin schlägt einen für Frauen damals nicht gerade üblichen Berufsweg ein: Nach Studium und Arbeit bei einem Wirtschaftsprüfer steigt die Diplom-Kauffrau 1944 in das Familienunternehmen ein und arbeitet dort bis 1969 als Abteilungsleiterin für das Rechnungswesen und Prokuristin für Bilanzen, Steuerrecht und Finanzwesen.

Schon kurz nach dem Krieg schließt sie sich der Partei ihres Vaters an und kandidiert 1950 auf einem eigentlich aussichtslosen Listenplatz für den nordrhein- westfälischen Landtag. Doch die FDP verdoppelt wider Erwarten die Zahl ihrer Mandate, und die 32-Jährige ist plötzlich Abgeordnete. 1961 wird sie in den Bundestag gewählt. Sie gehört zu den wenigen Bonner Spitzenpolitikern, die sich während der Studentenunruhen 1968 in den Universitäten ans Mikrofon wagen und den Respekt der Studenten ebenso gewinnen wie die Achtung der Professoren.

Im Bundestag arbeitet sie nach Bildung der von ihr befürworteten sozial-liberalen Koalition im Finanzausschuss, dessen Vorsitz sie 1972 übernimmt. Seit 1969 ist sie auch Vizepräsidentin des Bundestages. Ihr persönlicher Referent ist ein junger Wirtschaftswissenschaftler – heute selbst Vizepräsident des Parlaments.

Seine damalige Chefin steigt in der Partei weiter auf und wird 1977 stellvertretende Bundesvorsitzende. 1979 geht sie als Wirtschaftsministerin nach Düsseldorf – als erste Frau in diesem bis dahin vom männlichen Geschlecht dominierten Amt. Ihr damaliger Regierungschef Johannes Rau (SPD) berichtet später, wie die neue Ministerin in ihrem Hause für „helle Aufregung“ sorgt, indem sie „neue, ganz unerhörte Verfahren“ einführt. „Hatte sie zum Beispiel zu einer Vorlage eine Frage, so griff sie einfach selber zum Telefon und rief den Verfasser an, statt die Prozession vom Staatssekretär zum Abteilungsleiter, vom Abteilungsleiter zum Referenten und vom Referenten zum Hilfsreferenten in Gang zu setzen.“

Ungeachtet des Unmuts einiger Ministerialbeamter macht sie ihre Sache so gut, dass sie zur Spitzenkandidatin für die nächste Landtagswahl gewählt wird. Doch ihre Partei verpasst 1980 mit 4,98 Prozent äußerst knapp den Wiedereinzug in den Landtag.

Aber schon ein Jahr später wartet eine neue Aufgabe, in der sie erneut Pionierarbeit leistet. Sie wird Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, legt dieses Amt zwar 1982 aus Protest gegen den Bruch ihrer Partei mit der sozialliberalen Koalition nieder, lässt sich aber vom neuen Regierungschef auf die Position zurückholen.

Sie erkennt schon damals, dass Deutschland ein Einwanderungsland geworden ist. Hartnäckig setzt sie sich für größere Anstrengungen zur Integration ein. Letztlich aber, so erinnert sich Johannes Rau, kämpft sie „auf fast verlorenem Posten, weil man andernorts die Größe der Herausforderungen nicht erkennen konnte oder wollte“. Schließlich legt sie angesichts der „mangelnden Unterstützung seitens der Bundesregierung und der politischen Parteien“ ihr Amt ein zweites Mal nieder, dieses Mal endgültig.

Die unverheiratet Gebliebene ist Ehrenbürgerin ihrer Heimatstadt Hagen, wo sie bis heute lebt. Sie hat sich in vielfältiger Weise für die Stadt eingesetzt und unter anderem ein Buch mit dem Titel „Hagener Straßen erzählen Geschichte(n)“ herausgegeben, das schon zwei Auflagen erlebt hat.

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Einsendeschluss: 19. Mai 2006.
Unter den richtigen Einsendungen werden fünf Preise verlost. Der Hauptgewinn ist eine Reise für zwei Personen nach Berlin.

Die Lösung unseres Rätsels in Heft 3/06 lautet: Richard Stücklen.
Eine Reise nach Berlin hat Marie Sauer aus Loffenau gewonnen

Foto: Picture-Alliance


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