Das Europaparlament hat in der vergangenen Woche erneut davor gewarnt, den US-Behörden systematisch Zugang zu persönlichen Informationen von Flugpassagieren zu gewähren. Zum Aufspüren von Verbrechern oder Terroristen sei das Ausmaß der Datensammlung nicht nötig, argumentieren die Abgeordneten. Nur wenige Tage noch bleiben den Chefunterhändlern aus Washington und Brüssel, um sich auf ein neues Abkommen zur umstrittenen Weitergabe der Angaben zu einigen. Gibt es bis Ende des Monats keine Lösung, könnten die USA aus der EU kommenden Flugzeugen theoretisch Landeverbot erteilen. Geldstrafen für Airlines, die die geforderten Daten nicht übermitteln, hat Washington bereits angedroht.
Die USA verlangen zum Schutz vor Terroranschlägen möglichst detaillierte Daten über alle auf amerikanischen Flughäfen ankommenden Passagiere. Im Mai 2004 hatten sich auch die EU-Länder bereit erklärt bis zu 34 persönliche Angaben von Reisenden an die US-Behörden weiter zu leiten, darunter Name, Nationalität, Geburtsort, Adresse und Alter, E-Mail-Adresse, Infos über Vielflieger sowie Telefon- und Kreditkartennummern. Die US-Behörden gleichen die Angaben mit den eigenen Datenbanken ab, um zu prüfen, ob etwas gegen die Einreisenden aus den EU-Ländern vorliegt.
Nach einer Klage des Europaparlaments erklärte der Europäische Gerichtshof das bestehende Abkommen Ende Mai jedoch für nichtig. Die Richter gaben der US-Regierung und den EU-Vertretern bis zum 30. September Zeit, eine neue Regelung zu finden.
In der Urteilsbegründung hieß es, die EU habe das Abkommen zur Datenweitergabe auf einer falschen Rechtsgrundlage geschlossen. Da die Fluggesellschaften die Angaben ihrer Passagiere zu kommerziellen Zwecken sammeln, dürfe die EU diese Daten nicht an die US-Behörden weiter leiten. Zudem stehe die Menge der geforderten Informationen in keinem Verhältnis zum Zweck der Terrorabwehr. Zu den Datenschutzbedenken der Parlamentarier äußerten sich die Richter jedoch nicht. "Welchen Sinn macht es, über Jahre hinweg Daten zu sammeln und zu speichern, die letztendlich gar nicht genutzt werden?" argumentierte die zuständige Berichterstatterin Sophie in't Veld (Grüne). Und ihr deutscher Fraktionskollege Cem Özdemir warnt: "Wir dürfen nicht politische Zwecke über die Grundrechte stellen. Es gibt einen unveräußerlichen Kern an Grundrechten für alle unsere Bürger in der EU." Zudem benachteilige die Datenweitergabe Fluggäste aus der EU gegenüber US-Passagieren. In ihrer einstimmig verabschiedeten Empfehlung an den EU-Ministerrat fordern die Europaparlamentarier, die Menge der geforderten Daten im neuen Abkommen zu begrenzen. Zudem sollten nicht automatisch alle Angaben an die US-Behörden gehen, sondern erst, wenn der Passagier sich als verdächtig entpuppe. "Das systematische Sammeln von Daten gewöhnlicher Bürger außerhalb von Gerichtsverfahren oder polizeilicher Ermittlungen sollte in der EU verboten bleiben", so der Appell der Abgeordneten.