Gesundheit/Forschung
Die seit viereinhalb Jahren bestehenden gesetzlichen Regelungen
über die Einfuhr und Verwendung menschlicher Stammzellen zu
Forschungszwecken haben sich nach Auffassung der Bundesregierung
"bewährt". Das geht aus dem zweiten Erfahrungsbericht
über die Durchführung des Stammzellgesetzes hervor, den
die Regierung als Unterrichtung (
16/4050 ) vorgelegt hat. Die FDP-Fraktion ist
anderer Auffassung.
Nach dem am 1. Juli 2002 in Kraft getretenen Stammzellgesetz
sind Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen
für hochrangige Forschungsziele unter strengen Voraussetzungen
erlaubt. Einfuhr und Verwendung werden dabei auf Stammzellen
beschränkt, die vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden. Die
FDP-Fraktion will diesen Stichtag streichen. Der Bundestag
überwies einen Gesetzentwurf der Liberalen (
16/383 ) am 1. Februar zur weiteren Beratung in
die Ausschüsse.
Der Regierungsbericht umfasst den Zeitraum vom 1. Januar 2004
bis zum 31. Dezember 2005. In diesem wurden 13 Anträge auf
Genehmigung der Einfuhr und Verwendung humaner embryonaler
Stammzellen an das zuständige Robert-Koch-Institut gestellt.
Zusätzlich seien noch zwei ältere Anträge behandelt
worden.
Der Unterrichtung zufolge wurden neun Anträge genehmigt
und zwei abgelehnt. Zu vier Anträgen sei das
Genehmigungsverfahren am 31. Dezember 2005 noch nicht abgeschlossen
gewesen. In Deutschland würden humane embryonale Stammzellen
von insgesamt elf Forschungsgruppen verwendet, die in 14
genehmigten Projekten tätig seien.
Weiter heißt es, die Stammzellforschung bewege sich
"noch überwiegend im Bereich der Grundlagenforschung". Vor
einer "routinemäßigen Übertragung der Erkenntnisse
auf den Menschen" müssten noch zahlreiche grundlegende Fragen
der Entwicklungsbiologie und Zelldifferenzierung beantwortet
werden. Dazu könne die Forschung mit humanen embryonalen
Stammzellen einen wichtigen Beitrag leisten. Die seit Inkrafttreten
des Gesetzes bis Ende 2005 genehmigten 14 Anträge zeigten,
dass die durch das Stammzellgesetz eröffneten
Möglichkeiten wahrgenommen würden. Die vor dem Stichtag
gewonnenen Stammzellen sind laut Bericht für die
Grundlagenforschung geeignet, nicht jedoch für einen
therapeutischen Einsatz am Menschen.
Die FDP schreibt zu ihrer Forderung nach Streichung des
Stichtags, diese Regelung sei mit der Begründung
eingeführt worden, dass nur so die "Tötung von Embryonen
zur Stammzellgewinnung zum Zwecke des Imports nach Deutschland
vermieden" werde. Tatsächlich sei der Stichtag aber eine
"Lösung der Doppelmoral" - eigentlich "will man keine
Embryonen töten, aber die getöteten werden
benutzt".
Zudem sei nicht einzusehen, dass Embryonen, die erzeugt
wurden, um eine Schwangerschaft herbeizuführen und die dann
nicht verwendet wurden, für die Verwendung von Stammzellen
nicht benutzt werden sollen, fügen die Abgeordneten hinzu. Die
Entwicklungen in der embryonalen Stammzellforschung außerhalb
Deutschlands hätten gezeigt, dass in diesem Bereich die
Aussichten auf Heilungsmethoden für schwerste Erkrankungen am
größten seien. Die Ausschöpfung der
Heilungsmöglichkeiten solcher Krankheiten sei "ein Gebot der
Ethik". Es sei zudem "nicht hinnehmbar", dass Deutschland "den
moralischen Zeigefinger" auf andere Staaten mit einer weniger
rigiden Einfuhrpolitik richte, aber gleichzeitig die in diesen
Ländern gewonnenen Erkenntnisse nutze.
Die FDP fordert außerdem eine gesetzliche Regelung, die
ausschließt, dass deutsche Wissenschaftler sich in solchen
Fällen strafbar machen könnten, in denen sie sich von
Deutschland an Forschungsarbeiten beteiligen, bei denen Forscher im
Ausland mit menschlichen embryonalen Stammzellen forschen, die nach
deutschen Vorschriften nicht eingeführt und verwendet werden
dürfen.